Wie man uns das Lenkrad aus der Hand nimmt
Die Entwicklung ©es Żutonomen FŻhrens ist heute ©er größte InnovŻtionstreiãer ©er AutoãrŻnche. Die meisten Hersteller gehen ©Żãei eigene Wege – wie BMW, ©Żs in Rekor©zeit einen CŻmpus hochgezogen hŻt, von ©em Żus potenziell fŻhrerlose Autos Żuf ©ie StrŻße
Wer frisch zum Thema dazustößt, mag es ja für widersinnig halten: Die Autoindustrie scheut derzeit keine Kosten und Mühen, um ihren Kunden das Autofahren abzunehmen. Genauer: Fahren sollen wir in absehbarer Zukunft schon noch, aber nach Möglichkeit nicht mehr selbsttätig – nur noch als Passagiere.
Um den Themenkomplex „Autonomes Fahren“ist ein Wettstreit entfacht, für den die Hersteller auf der ganzen Welt laut Schätzung eines Branchendienstes während der letzten zwei Jahre rund 80 Mrd. Dollar aufgewendet haben. Nicht die Fertigung von Motoren oder Getrieben – die Technologie des Roboterautos ist heute der größte Innovationstreiber der Branche.
Dahinter steckt die Sorge, dass Player von außerhalb das Ruder übernehmen könnten – die großen Namen der IT-Branche mit ihren nahezu unbeschränkten Forschungsbudgets – und den Autobauern, zu reinen Hardwareproduzenten degradiert, bald nur mehr die Brosamen des Schweißens und Zusammenmontierens übrig blieben.
Der Branchenveteran Bob Lutz argumentierte („Die Presse am Sonntag“berichtete), dass in 20 Jahren ohnehin die Betreiber großer automatisierter Flotten das Business diktieren und das ganze Geld verdienen würden. Eigenes Ökosystem. BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson hielt jüngst dagegen: „Wir bauen unser eigenes Ökosystem – um das Auto herum.“Damit meinte Robertson die frühe Entscheidung des Unternehmens, Daten aus allen Neuwagen zu übertragen und zu sammeln (ob dies dem Kunden bewusst ist oder nicht), das Etablieren eigener Carsharing-Anbieter wie Drive Now, die Übernahme von App-Entwicklern und eben die Arbeit am Roboterauto, die mit Vollgas vorangetrieben wird.
Ein Zusammenschluss der Autohersteller, um den Aufwand besser stemmen zu können, zumindest auf nationaler Ebene, klänge wohl ver- nünftig. Doch nichts liegt ferner. Robertsons Worte vom „eigenen“Ökosystem sind wörtlich zu nehmen: In Deutschland kochen BMW, Mercedes und der VW-Konzern mit Audi an der Spitze jeweils ihr eigenes Süppchen – und konkurrieren mit allen namhaften Autoherstellern weltweit. Es scheint fast, als wäre an das Geisterauto die Überlebensfrage geknüpft – unwahrscheinlich, dass es in Zukunft Dutzende Systeme geben sollte. Nicht alle werden das Rennen machen. Dringlicher RŻumbe©Żrf. Dass sich BMW definitiv bei der künftigen Elite sieht, legen Einblicke nahe, die wir auf dem brandneuen, tatsächlich noch gar nicht eingeweihten Campus für autonomes Fahren in Unterschleißheim bei München gewinnen konnten. Gern hätte man wohl einen architektonischen Renommierbau in Angriff genommen, doch die zwei Jahre Bauzeit spielte es nicht: In der neuen Unterkunft ist man nur eingemietet, der Raumbedarf für die rasant wachsende Mannschaft war zu dringlich.
Über Hubraum und Zylinder wird hier vermutlich nicht gesprochen, wenn unter den 517 Ingenieuren und Entwicklern von Leistung die Rede ist, dann ist Rechenleistung gemeint, nicht PS. Unter den 1000 Mitarbeitern, die in den nächsten Monaten dazustoßen, ist neben BMW-Leuten auch Personal von Kooperationspartnern wie Intel darunter. Der Chiphersteller sieht einem feisten Wachstumsmarkt entgegen: Das Datenaufkommen steigt mit automatisierten Fahrzeugen gewaltig. So betreibt BMW eine eigene Serverfarm in Unterschleißheim, um den Datenstrom aus den rollenden Versuchsträgern erden zu können. Augen un© Ohren. Es sind dies Fahrzeuge, die man für gewöhnliche BMW halten könnte: hellgraue Limousinen der 7er-Baureihe – mit empfindlich eingeschränktem Kofferraum. Denn dieser ist randvoll gefüllt mit Elektronik samt Peripherie wie Kühlung und Stromversorgung. Und was man für die Vorbereitung für Skiträger auf dem Dach halten könnte, ist Teil eines Sensoriums, mit dem die Fahrzeuge ihre Umgebung wahrnehmen: Nicht weniger als 44 Sensoren, von Kameras über Nah- und Fernbereichsradar bis Ultraschall und Laser, sind dem Auto Augen und Ohren, um möglich selbsttätig manövrieren zu können. Wert pro Fahrzeug: gut 500.000 Euro.
Ohne Menschen auf dem Fahrersitz wird freilich noch keiner der teuren 7er auf die Straße entlassen. Das Fahrpersonal der Flotte ist ein eigener, nicht dem Campus zugerechneter Posten.
Im Schichtbetrieb sind die Autos in halb Europa unterwegs, von der Münchner Innenstadt – „ein besonders anspruchsvolles Terrain“, so ein Entwickler – bis zum Autobahnkorridor vorbei am Gardasee. 40 Autos umfasst die Testflotte derzeit, im nächsten Jahr wird sie sich verdoppelt haben, 2019 mehr als verdreifacht, 2020 schließlich sollen es auf den Straßen Europas, Asiens und der USA 185 Fahrzeuge sein – ihre Mission: Daten produzieren und sammeln.
Man kann erahnen, welche Dimension da auf die Datencenter zukommt: Ein einziges Auto produziert in einer Achtstundenschicht rund 40
»Wir ãŻuen unser eigenes Ökosystem – um ©Żs Auto herum.« Ein einziges Auto pro©uziert in einer Achtstun©enschicht run© 40 TerŻãyte Żn DŻten.
Terabyte an Daten – „bislang übrigens unfallfrei“, so Robert Irlinger, quasi Rektor des Campus. Die ganze Angelegenheit sei „datengetrieben“, so wäre auch hochwertiges Kartenmaterial eine Grundlage. In einer gemeinsamen Aktion haben die großen deutschen Hersteller den Kartenanbieter Here erworben und damit Zugang zu HD-Material, dessen Genauigkeit bei unter zehn Zentimetern liegt. Mit GPS käme man nicht weit: Dessen Genauigkeit kann in Städten durch die Ablenkung