»Star Wars«: Wurzeln eines Pop-Phänomens
»Star Wars« begeistert quer durch die Generationen. Nächste Woche startet Episode VIII, »Die letzten Jedi«. Ein Abflauen der Euphorie ist nicht in Sicht. Das liegt an der großen Anschlussfähigkeit des Science-Fiction-Stoffs – aber nicht nur. Ein Versuch,
Offene Münder, glänzende Augen. Stürme der ekstatischen Begeisterung, wie beim Popkonzert oder im Fußballstadion, tobten im Oktober in unzähligen Wohnzimmern rund um die Welt, als der erste vollwertige Trailer zum jüngsten Star-Wars-Film „Die letzten Jedi“auf die breite Öffentlichkeit losgelassen wurde. Dass man die kollektive Euphorie auch als Unbeteiligter verfolgen konnte, liegt am Mitteilungsbedürfnis vieler Fans, die ihren Überschwang dokumentierten und in Form von „Reaction Videos“auf YouTube stellten.
Zugegeben: Solche Clips schießen dort zu jedem nur erdenklichen Anlass wie Pilze aus dem Boden. Und viele von ihnen leben von bewusster Überhöhung. Doch im Fall von „Star Wars“sprengt ihre Quantität und Intensität jedes Maß. Der Kult um die Weltraumsaga sucht nach wie vor seinesgleichen. Schöpfergenie George Lucas. Eine allumfassende Erklärung für das PopPhänomen „Star Wars“und seinen durchschlagenden, anhaltenden und stetig wachsenden Erfolg gibt es nicht. Wie so oft bei Massenphänomenen spielt eine Reihe von Faktoren zusammen. Viel wurde geschrieben über das Schöpfergenie von George Lucas, der sich 1977 für seinen „Krieg der Sterne“beim Bild- und Ideenreservoir von Sagenwelten, Fantasy-Romanen, Genre- filmen und Abenteuer-Serien bediente – und so eine Mythen-Melange kredenzte, die für jeden anschlussfähig war. Über die archetypischen Figuren der Filme, die Projektionsflächen für alle Gemüter bieten. Und über das vorbildliche „World-Building“des „Star Wars“-Universums, das die Vorstellungskraft über Andeutungen beflügelt.
All das stimmt. Doch ebenso wesentlich für den bombastischen Einschlag des Sci-Fi-Spektakels war das Klima seiner Zeit. Die Siebziger waren, vor allem in den USA, von Ängsten und Unsicherheiten geprägt: Ölkrise, Börsencrash, Vietnam, Watergate, Kalter Krieg. Paranoia und Misstrauen hielten das politische Bewusstsein besetzt. Menschen sehnten sich nach Eskapismus, nach einem fantastischen Befreiungsschlag, nach fremden und zugleich vertrauten Welten. Genau das lieferte ihnen der erste „Star Wars“-Teil mit seiner Geschichte vom siegreichen Kampf des absolut Guten gegen das absolut Böse, „vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“. Positives Kindheitstrauma. Sein nachträglich angefügter Untertitel – „Eine neue Hoffnung“– bringt es auf den Punkt. Als einer der ersten richtigen Blockbuster erreichte er ein ungeahntes, altersmäßig breit gestreutes Publikum. Die Familientauglichkeit des Sternenmärchens war von enormer Bedeutung für sein Vermächtnis. Zahl- lose Kinder und Jugendliche machten an der Seite der Weltraumhelden Han, Luke und Leia prägende Kinoerfahrungen. In einer Studie des Sozialwissenschaftlers Matthias Völcker über die Identität von „Star Wars“-Fans kristallisiert sich der Erstkontakt mit den Filmen als Urszene, als einschneidender Punkt im Leben heraus. Für die meisten fällt er zwischen das fünfte und sechzehnte Lebensjahr. Einer der Interviewten spricht von einem „positiven Kindheitstrauma“.
Fans der ersten Stunde trugen dieses „Trauma“fleißig weiter. Dabei half in den Achtzigern die Durchsetzung von VHS-Kassetten als Heimkino-Medium. Immer wieder konnte man sich zuhause an Lichtschwertduellen und Weltraumschlachten, am bübischen Charme von Han Solo oder der forschen Art von Prinzessin Leia ergötzen. „Star Wars“geriet zur SozialisationsInstanz und zum Gemeinschaftskitt.
Und irgendwann sahen dann auch die eigenen Kinder zu. Womit jene Wurzel des Kults markiert wäre, die ihn unsterblich gemacht hat: periodische Aktualisierung. Denn „Star Wars“kam