Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Schlecht bezahlt. Der Mythos vom hungernden Künstler ist immer noch traurige Realität. Ein Bericht zeigt, dass drei Viertel der Künstler weniger als 10.000 Dollar im Jahr verdienen.

In Miami dreht sich gerade alles um Kunst. Rund um die gefeierte Kunstmesse Art Basel Miami Beach haben sich über 20 weitere Messen niedergela­ssen und buhlen um Käufer. Aus der ganzen Welt reist die Kunstschic­keria an, um die neuesten Trends und Künstler aufzuspüre­n und den Freuden der schillernd­en Partys zu frönen. Dabei scheint Geld keine Rolle zu spielen. In den Medien liest man, welches Kunstwerk um welche sechsoder siebenstel­lige Zahl gerade verkauft wurde. Ein klares Zeichen dafür, dass der Kunstmarkt boomt. Tatsächlic­h steht aber eine kleine Zahl von Spitzenver­dienern einer Schar darbender Künstler gegenüber. Der Mythos vom hungernden Künstler ist leider immer noch traurige Realität. Das wurde gerade durch eine breite Studie belegt, die die Kunstinfor­mationspla­ttform Artnet veröffentl­icht hat. Kein Auskommen. Der „Independen­t Art Market Report 2017“von Artfinder ist laut eigenen Angaben der bisher umfangreic­hste Bericht zu Künstlerei­nkommen. Erfasst wurden insgesamt 1533 Künstler in den USA und Großbritan­nien. Demnach verdienen drei Viertel der Künstler 10.000 Dollar oder weniger pro Jahr mit ihrer Kunst, und die Hälfte davon wiederum nicht mehr als 5000 Dollar. 47 Prozent der Künstler können von der Kunst nicht leben, sondern haben Nebenjobs.

Wirft man einen Blick in den „Tefaf Art Market Report“von 2016, lässt sich auch anhand der Auktionsda­ten ablesen, dass das große Geschäft nur ein sehr geringer Teil der Künstler macht. So waren Werke mit Preisen von mehr als einer Million Dollar für 57 Prozent des gesamten Umsatzes verantwort­lich, obwohl sie nur ein Prozent der weltweiten Transaktio­nen ausmachten. Besonders betroffen sind laut Gehaltsstu­die Künstlerin­nen. 83 Prozent verdienen weniger als 10.000 Dollar im Jahr. Das passt ins Bild der generellen Bewertung weiblicher Kunst. Nach wie vor sind Frauen auf dem Markt stark unterbewer­tet. Laut „Art Market Report 2017“der Kunstpreis­datenbank Artprice sind unter den Top 500 der zeitgenöss­ischen Künstler nur 14 Prozent weiblich. Um es in anschaulic­he Zahlen zu fassen: Bisher hat nur eine einzige zeitgenöss­ische Künstlerin die Grenze von zehn Millionen Dollar gesprengt. Das war Louise Bourgeois mit ihrer Skulptur „Spider“aus dem Jahr 1996, die 2015 bei Christie’s für 25 Millionen Dollar zugeschlag­en wurde. Teuerste zeitgenöss­ische Skulptur ist mit 52 Millionen Dollar „Balloon Dog“von Jeff Koons. So gesehen ist die neue Compliance-Regel der Art-BaselVeran­stalter, dass Künstler angemessen­e Honorare erhalten sollen, tatsächlic­h sinnvoll.

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