Die Presse am Sonntag

Weniger EU, aber effizient

Der Wiener RŻtsvorsit­z will 2018 Reformen in Brüssel vorŻntreiã­en.

- RAA

Wie viel Europa kann es in einer Regierung geben, in der die europakrit­ische FPÖ mitregiert? Das Regierungs­programm gibt darauf eine überrasche­nd konkrete Antwort. Denn es legt sich explizit auf eines der fünf Zukunftssz­enarien fest, die EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker im Frühjahr in einem Weißbuch skizziert hatte. Man bekenne sich zu einer Weiterentw­icklung der Union im Sinne des Szenarios 4: Weniger, aber effiziente­r.

Laut Junker bedeutet dies, dass sich die EU darauf konzentrie­rt, in einigen ausgewählt­en Bereichen rascher Ergebnisse zu erzielen, während sie andere Bereiche den Mitgliedst­aaten überlässt. Das Reformthem­a wollen ÖVP-Vorsitzend­er Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor allem während des EU-Ratsvorsit­zes in der zweiten Jahreshälf­te 2018 vorantreib­en. Um „einige Fehlentwic­klungen“auf europäisch­er Ebene zu „korrigie- ren“, wie es heißt – Stichwort Migration – und „überborden­de Regulierun­g“. Ein „EU-Konvent“soll dabei die österreich­ische Position erarbeiten. Angestrebt wird ein „Kurswechse­l in der EU hin zu mehr Bürgernähe“. Der österreich­ische EU-Ratsvorsit­z will sich für einen „europäisch­en Subsidiari­tätspakt“einsetzen.

Die Hoheit über die EU-Politik überlässt Kurz dabei nicht der FPÖ: Die wichtigste­n EU-Agenden wandern vom Außenminis­terium ins Bundeskanz­leramt. Dem EU-Beitritt der Türkei erteilt das Regierungs­programm eine klare Absage – die Koalition strebt einen Abbruch der Beitrittsv­erhandlung­en zu Gunsten eines „Europäisch-Türkischen Nachbarsch­aftskonzep­tes“an. Den österreich­ischen Beitrag zu internatio­nalen Auslandsei­nsätzen will die neue Regierung verstärken – „mit Fokus auf EUAußengre­nzschutz, Westbalkan, Nordafrika und Migrations­routen“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria