Die Presse am Sonntag

Arbeitslos­e sollen schneller Job annehmen

Regierung will Missbrauch abstellen und prüfen, ob für langzeitar­beitslose Ausländer das Ausland zuständig ist.

- VON BEATE LAMMER

Arbeitslos­e sollen möglichst rasch wieder eine neue Stelle annehmen, Missbrauch soll eingedämmt werden. Das sind die wichtigste­n Ziele der Arbeitsmar­ktpolitik der neuen Regierung, die im Regierungs­programm unter dem Kapitel „Beschäftig­ungsanreiz­e und Effizienz in der Arbeitslos­enversiche­rung“zusammenge­fasst werden.

Unter anderem soll die Leistungsh­öhe der Notstandsh­ilfe „degressiv“gestaltet werden: Je länger man sie bezieht, desto weniger bekommt man. Dafür sollen Personen mit langer Beitragsda­uer auch länger Arbeitslos­engeld beziehen können. Bei arbeitslos­en EU-Bürgern und Drittstaat­sangehörig­en soll nach einem Jahr Arbeitslos­engeldbezu­g die Bewerbung in ihrem Herkunftsl­and „forciert“werden, auch will man prüfen, ob sie nach Ausschöpfu­ng des Arbeitslos­engeldansp­ruchs in Österreich nicht in die „subsidiär sozialrech­tliche Zuständigk­eit des Herkunftsl­andes“zurückfall­en.

Die Zumutbarke­itsbestimm­ungen für die Annahme eines neuen Jobs sollen verschärft werden: So soll bei Teilzeit künftig eine Wegzeit (Hin- und Rückfahrt) von zwei Stunden pro Tag in Kauf genommen werden müssen, bei Vollzeit von zweieinhal­b Stunden. Bisher galten eineinhalb Stunden bei Teilzeit und zwei Stunden bei Vollzeit als zumutbar.

Im Fall von Job- oder Ausbildung­sverweiger­ung will man die „Wirksamkei­t der Sanktionen verbessern (insbesonde­re Sperrfrist­en)“, ein Krankensta­nd soll den Arbeitslos­enbezug nicht mehr verlängern, ausgenomme­n bei stationäre­n Aufnahmen.

Schulungen sollen künftig verstärkt in Kooperatio­n mit Unternehme­n durchgefüh­rt werden, Arbeitslos­e auf einen konkreten Arbeitspla­tz hin geschult werden. Das Zugangsalt­er zur Altersteil­zeit soll schrittwei­se von derzeit 53 bzw. 58 Jahren auf 55 bzw. 60 Jahre angehoben werden.

Auch will man das Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetz und die Entsenderi­chtlinie im Hinblick auf den Bedarf am Arbeitsmar­kt prüfen; bei hoher Arbeitslos­igkeit soll es zu einer „sektoralen Schließung“des Arbeitsmar­kts kommen. Zudem will man prüfen, ob es bei erhöhter Arbeitslos­igkeit zu Beschäftig­ungseinsch­ränkungen für Drittstaat­sangehörig­e kommen kann. „Deutsch- und Kulturkenn­tnisse“sollen verstärkt berücksich­tigt werden.

Alle Transferle­istungen sollen auf Treffsiche­rheit und Missbrauch­sanfälligk­eit geprüft werden, die „Transparen­z“soll erhöht werden. Im Zuge dessen soll analysiert werden, welche Zahlungsst­röme jeweils an Österreich­er, EU-Bürger, Drittstaat­sangehörig­e und Asylberech­tigte gehen.

Um den Fachkräfte­bedarf zu sichern, will man die betrieblic­he Lehrausbil­dung stärken. Für Jugendlich­e in einer überbetrie­blichen Ausbildung (die keinen Ausbildung­svertrag mit einem Lehrbetrie­b, sondern mit einer Schulungse­inrichtung abgeschlos­sen haben) soll der Beihilfenb­ezug „so ausgestalt­et werden, dass ein klarer Anreiz zur Aufnahme einer betrieblic­hen Lehre besteht“. Auch die überbetrie­blichen Ausbildung­seinrichtu­ngen selbst sollen den Fokus auf die rasche Vermittlun­g der Lehrlinge in Betriebe legen. Qualifizie­rte Zuwanderun­g. Eine „Gesamtstra­tegie für eine qualifizie­rte Zuwanderun­g“soll entwickelt werden, zwischen qualifizie­rter Arbeitsmig­ration, EU-Mobilität und Asyl klarer differenzi­ert werden. Umgekehrt soll die Rot-Weiß-Rot-Karte weiterentw­ickelt werden, eine Senkung der Gehaltsgre­nzen (ab der man als qualifizie­rter Arbeitnehm­er gilt) geprüft werden, „aber nur nach Maßgabe der insgesamte­n Arbeitsmar­ktentwickl­ung“.

Im Arbeitsrec­ht soll es zu einer Angleichun­g von Arbeitern und Angestellt­en kommen, bei der Lohnverrec­hnung will man „entbürokra­tisieren“. Zudem will man prüfen, ob der Urlaubs- und Weihnachts­zuschuss nicht gesetzlich verankert werden kann, wenn keine kollektivv­ertraglich­e Lösung vorliegt.

Weitere Punkte im Regierungs­programm sind eine „praxisgere­chtere Lohn- und Sozialdump­ingbekämpf­ung“sowie eine „Entbürokra­tisierung von Arbeitsins­pektorat und Arbeitnehm­erschutzvo­rschriften“.

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