Schafft Geld Kinder?
Mit dem Kinderbonus will die schwarz-blaue Regierung Familien finanziell stärken. Hintergrund solcher Maßnahmen ist auch der Wunsch nach höherer Fertilität. Aber funktioniert das?
In der Aufregung um die Abschaffung des noch gar nicht eingeführten allgemeinen Rauchverbots ist eine andere Maßnahme der künftigen schwarz-blauen Regierung Anfang dieser Woche beinahe untergegangen. So haben sich ÖVP und FPÖ darauf geeinigt, den von der Volkspartei im Wahlprogramm geforderten Kinderbonus in Höhe von 1500 Euro einzuführen. Die genauen Details sind zwar noch unklar. Dennoch wird diese Maßnahme auf jeden Fall deutliche Auswirkungen auf die heimischen Budgets haben – sowohl auf jene des Staates als auch auf jene heimischer Eltern.
Wirken soll der Kinderbonus nämlich als Steuerabsetzbetrag. Das bedeutet, dass jede Familie pro Kind 1500 Euro von ihrer Gesamtsteuerlast abziehen kann. Abgeschafft wird dafür zwar im Gegenzug die steuerliche Anrechenbarkeit von Kinderbetreuungskosten in Höhe von 2300 Euro pro Kind. Allerdings wirkte diese ja nur als Freibetrag, der lediglich die Steuerbemessungsgrundlage reduzierte. Selbst im Spitzensteuersatz von 50 Prozent (den 55-prozentigen Satz für Millionärseinkommen lassen wir hier mal außen vor) konnten die Steuerpflichtigen also maximal 1150 Euro je Kind lukrieren. Einkommensfrage. Für die Eltern wird der Kinderbonus also eine spürbare finanzielle Entlastung bedeuten – allerdings nur, wenn sie Lohn- oder Einkommensteuer bezahlen. Denn logischerweise kann ein Absetzbetrag nur von einer vorhandenen Steuerleistung abgezogen werden. Um den vollen Bonus für ein Kind erhalten zu können, bedarf es somit eines monatlichen Bruttoeinkommens von zumindest 1850 Euro, bei zwei Kindern sind es 2300 Euro brutto. Arbeiten beide Eltern, reichen 1550 Euro brutto pro Kopf. Das ist auch einer der Hauptkritikpunkte an dem Kinderbonus. Denn vor allem Alleinerzieherinnen (meistens handelt es sich dabei ja um Frauen) liegen häufig unter diesen Einkommenswerten. Die Lösung soll nun ein Bonus von bis zu 1250 Euro bringen, der Alleinerziehern auch ohne entsprechende Steuerleistung ausgezahlt wird.
Spüren wird den Kinderbonus aber auch der Staat. Im Wahlprogramm der ÖVP wurden die Kosten mit zwei Milliarden Euro beziffert. Durch die Abschaffung der Anrechenbarkeit von Kinderbetreuungskosten wird allerdings nur ein kleiner Teil davon gegenfinanziert. So beziffert man auf Anfrage der „Presse am Sonntag“im Finanzministerium den Steuerausfall durch diese im Jahr 2009 eingeführte Regelung auf rund 110 Millionen Euro pro Jahr. Der Kinderbonus wird somit zu einem geringeren Steueraufkommen von knapp 1,9 Milliarden Euro führen, das woanders eingespart werden muss.
Ob man die neue steuerliche Kinderförderung nun für eine gute Idee hält, hängt also stark von der persönlichen Lebenssituation ab – und den ideologischen Präferenzen. Denn natürlich profitieren von der steuerlichen Kinderförderung – anders als bei der von der SPÖ bevorzugten Variante in Form von Beihilfen – eher besser verdienende und in der Regel auch besser gebildete Bevölkerungsschichten. Es kann aber natürlich auch als legitimes politisches Ziel angesehen werden, dass es vor allem für letztere wieder attraktiver wird, vermehrt Kinder zu bekommen.
Das führt allerdings zu der Frage, ob eine höhere finanzielle Förderung für Kinder auch zu einer höheren Geburtenrate führt. Die Antwort darauf ist nicht einfach zu geben. Denn familienpolitische Maßnahmen entfalten ihre Wirkung erst langsam und sind schwer messbar. In Studien zu dem Thema werden daher in der Regel Vergleiche zwischen Ländern angestellt. Bei diesen Vergleichen spielen aber auch andere – kaum quantifizierbare – Faktoren wie etwa die allgemeine Mentalität gegenüber Kindern eine große Rolle.
Fragt man Experten, wie ein Staat die Fertilitätsrate seiner Bürger erhöhen soll, nennen diese in der Regel den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen als wichtigste Maßnahme. Das erhöhe die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die als das größte Problem für junge Eltern gilt. Als Beweis dafür werden skandinavische Länder wie Dänemark oder Schweden genannt, die vor allem in diesem Bereich investieren und hohe Fertilitätsraten aufweisen. So richtig dieses Argument im Grundsatz auch sein dürfte, zeigt ein Vergleich der OECD-Länder jedoch, dass es auch Länder mit anderem Fokus in der Kinderförderung gibt, die dennoch eine hohe Fertilität vorweisen. So geben etwa Irland oder Großbritannien laut OECD den Großteil ihrer Kinderförderung für direkte Geldleistungen bzw. Steuervorteile aus und haben dennoch eine Fertilität von 1,9 bzw. 1,8 Kindern je Frau.
Ein Vergleich der Gesamtausgaben eines Staates für Kinderförderung und den jeweiligen Fertilitätsraten zeigt, dass es hier einen grundsätzlichen Zusammenhang zu geben scheint. So geben von den europäischen OECD-Ländern sowie USA und Japan elf Länder mehr als drei Prozent des BIP für Kinder aus. Neun dieser Länder haben eine Fertilität von über 1,5 Kindern je Frau. Auf der anderen Seite geben acht Staaten weniger als zwei Prozent ihres BIP für die Kinderförderung aus. Und davon weisen sieben Länder eine Fertilität von unter 1,5 Kindern je Frau aus.
Es scheinen also nicht nur die Ausgaben für eine bessere Kinderbetreuung eine Rolle zu spielen, sondern auch direkte Geldleistungen und steuerliche Anreize. Je mehr Geld ein Staat in Summe bereit ist für Kinderförderung zu berappen, desto mehr Kinder erhält er schlussendlich. Das würde auch Sinn ergeben. So sind diese Ausgaben ja nichts anderes als die in Zahlen ausgedrückte Wertigkeit von Kindern in einer Gesellschaft.
Familienpolitische Maßnahmen entfalten ihre Wirkung nur sehr langsam.