Kleines Land, großes Buch
In seinem Debütroman »Kleines Land« entführt der französische Autor Ga¨el Faye den Leser in das wunderbare Burundi seiner Kindheit – bis der Hass alles zerstört. Es ist ein Konflikt, der sich um Nasen dreht. So viel hat der kleine Gabriel verstanden. Eine bessere Erklärung als der Satz „Weil sie nicht die gleiche Nase haben“fällt seinem Vater auch nicht ein, als er erklären soll, warum sich Tutsis und Hutus bekriegen. Vorerst denkt „Gaby“nicht weiter darüber nach. Aber „etwas lag in der Luft. Und das konnte man riechen, egal, mit welcher Nase“.
Burundi 1993. Gabriel, zehn Jahre alt, wächst als glückliches Kind eines Franzosen und einer Tutsi aus dem Nachbarland Ruanda in Bujumbura auf. Der Alltag dreht sich um das Familienleben und die Zeit mit seinen Freunden. Mit ihnen streift er durch die Stadt, stielt Mangos und träumt von Abenteuern.
Der Krieg schleicht sich so unmerklich in die Köpfe, dass sich der Autor im Rückblick selbst wundert. „So sehr ich mich auch bemühe, ich kann mich nicht mehr erinnern, wann genau wir eigentlich angefangen haben, anders zu denken. Nämlich dass es auf der einen Seite nur noch uns gab und auf der anderen lauter Feinde.“In Ruanda bricht der Völkermord los, die Familie der Mutter wird ermordet. Auch in Burundi entladen sich die ethnischen Spannungen im Bürgerkrieg. Plötzlich spielen Nasen auch für Gabriel und seine Freunde eine Rolle.
Gael¨ Faye hat sich in Frankreich zunächst als Musiker einen Namen gemacht. Mit „Kleines Land“zeigt er sich auch als großartiger Autor, der facettenreich zu erzählen versteht. Ein vielschichtiges Buch, aus dem viel Sehnsucht spricht. Ga¨el Faye: „Kleines Land“, übersetzt von Brigitte Grosse und Andrea Alvermann, Piper-Verlag, 224 Seiten, 20,60 Euro.