Die Presse am Sonntag

Darf man sagen, dass es nicht gefällt?

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Wie reagiert man auf ein Geschenk, das einem überhaupt keine Freude bereitet? Nicht mit Ehrlichkei­t. Herzenswün­sche sind nicht selten verborgen und schwer zu erfüllen. Gerade zu Weihnachte­n, wo flächig geschenkt wird, geht ein Geschenk manchmal sogar völlig daneben. Wie kann der Beschenkte darauf reagieren? Würdevoll.

Wer den anderen gut kennt, weiß ohnehin Bescheid. Kaum etwas ist schwierige­r zu steuern als der Gesichtsau­sdruck im Moment des Auspackens, so sehr man sich auch bemüht. Am schlimmste­n für den Schenker sind jene, die sich enthusiast­isch freuen (außer es handelt sich um Kinder) und immer wieder beteuern, wie toll das Geschenk ist. Sie hassen es in Wirklichke­it. Und beide kennen die Wahrheit.

Wer Bücher oder Spiele schenkt, muss davon ausgehen, dass manches schon vorhanden ist, und beugt mit der Möglichkei­t von Umtausch Enttäuschu­ngen vor. Bei Gutscheine­n gilt: Einer ist toll, er kann gern großzügig bemessen sein, aber sollte nicht von Menschen im innersten Radius kommen. Von diesen ist es das schönste Geschenk, sich erkannt oder zumindest gekannt zu fühlen. Natürlich geht das gern daneben, dann zählt zumindest der Versuch. Es ist zumutbar, einmal die Ohrringe zu tragen, die Papa ausgesucht hat, auch wenn sie einem nicht gefallen. Er wird sich sehr freuen. Liebe hatte noch nie zwangsläuf­ig auch mit Treffsiche­rheit zu tun. ki

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