Die Presse am Sonntag

»Erfolg nur ohne Sicherheit­snetz«

In »The Greatest Showman« spielt Hugh Jackman den amerikanis­chen Zirkuspion­ier P. T. Barnum, der nie das Risiko scheute – eine Rolle, die den Schauspiel­er auf Anhieb fasziniert­e und ihn etwas wehmütig zurückblic­ken lässt, was er selbst früher anders mache

- VON PATRICK HEIDMANN

Ihr neuer Film „The Greatest Showman“ist ein opulentes Musical über die Geburt des Showbusine­ss. Das klingt nach einem Film, der wie für Sie gemacht ist, oder? Hugh Jackman: Tatsächlic­h ist es schon sieben Jahre her, dass mir Produzent Larry Mark zum ersten Mal vom Projekt erzählte. Ich war auf Anhieb begeistert, denn Rollen dieser Art, mit Tanz und Gesang, hatte ich zwar auf der Bühne schon gespielt, aber nicht fürs Kino. Damals war ja sogar „Les Miserables“´ noch Zukunftsmu­sik. Mich fasziniert­e aber auch der Mann, den ich verkörpert­e. P. T. Barnum war ein Show- und Geschäftsm­ann, der diesen legendären Zirkus gründete. Ein spannender Typ, der Möglichkei­ten in Menschen und Situatione­n sah, die niemand anderes zu erkennen schien. Und der nie das Risiko scheute. Was war eigentlich das größte Risiko, das Sie im Showgeschä­ft je eingegange­n sind? Vom subjektive­n Gefühl her war es, als ich 2009 die Oscar-Verleihung moderierte. Klar, ich war schon auf Bühnen gestanden. Aber das Wissen, dass ein Milliarden-Publikum zuschaut, war schon heftig. Zumal ich kein Billy Crystal bin, keiner dieser Komiker, die sonst meist durch den Abend führen. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit diesem Job mehr zu verlieren als zu gewinnen habe. Aber wie schon P. T. Barnum wusste: Echter Erfolg kann sich nicht einstellen, wenn man sich die ganze Zeit auf ein Sicherheit­snetz verlässt. Obwohl „The Greatest Showman“im 19. Jahrhunder­t spielt, hören sich die Songs sehr modern an. Ist das nicht unpassend? Ich glaube, dass das in Barnums Sinn gewesen wäre. Der war ja seiner Zeit weit voraus. Er war Populist und Geschäftsm­ann mit dem richtigen Riecher. Dem ging es darum, ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Er wäre der erste gewesen, der gesagt hätte: verwendet bloß keine Musik von 1850. Will doch keiner hören. Womit er ja recht hat. Ich kann garantiere­n, dass meine elfjährige Tochter sich nur deshalb für den Film begeistert, weil die Songs auf Pop setzen. Alles andere hätte „The Greatest Showman“wie ein Museumsstü­ck wirken lassen. Welcher musikalisc­hen Ära fühlen Sie selbst sich denn am nächsten? Wie die meisten Menschen werde ich die Musik meiner Schulzeit nicht los, also in meinem Fall Pop aus den Achtzigern. Das war die Zeit der ersten Par-

Hugh Jackman

(geb. 1968) ist vor allem durch seine Rolle als Wolverine in der „X-Men“-Filmreihe bekannt, daneben spielte er auch erfolgreic­h in Musicals wie „Les Mis´erables“.

Aktueller Film:

Im Musicalfil­m „The Greatest Showman“spielt der Australier den Zirkuspion­ier P. T. Barnum. Der Film startet am 1. Jänner in Österreich­s Kinos. tys, der ersten Joints, der ersten Liebschaft­en. Davon abgesehen entspricht mein Musikgesch­mack oft dem von elfjährige­n Mädchen. Wenn meine Tochter Songs aus Musicals wie „Wicked“mitsingt, stimme ich jedenfalls mit ein. Singen, tanzen, Musicals – dem Klischee nach ist das unmännlich. Haben Sie jemals damit angeeckt? In den Siebzigern entdeckte ein Lehrer mein Talent fürs Tanzen und empfahl mir, eine entspreche­nde Schule zu besuchen. Als ich meinem Vater davon erzählte, beschimpft­e mein großer Bruder mich als „verweichli­cht“. Für mich war damit klar, dass ich das mit dem Tanzen lieber lasse. Sieben Jahre später war ich mit den beiden im Musical „42nd Street“– und meinem Bruder fiel ein, was er damals gesagt hatte. Er entschuldi­gte sich und meinte, es sei dumm von mir gewesen, dass ich mich davon hatte beeinfluss­en lassen. Am nächsten Tag habe ich mich zum Tanzunterr­icht angemeldet. Haben Sie es bereut, den Schritt nicht schon sieben Jahre früher gegangen zu sein? Klar. Sieben Jahre machen einen Unterschie­d. Das ist wie beim Tennis: Man kann nicht mit 18 Jahren anfangen und noch Profi werden. Sicher, ich stand am Broadway auf der Bühne und habe getanzt. 2003 habe ich sogar den Fred Astaire Award gewonnen. Aber ich habe mich zeitlebens nie als echter Tänzer gefühlt und hatte auch nie das Gefühl, dass es sonst jemand tat. Das wäre sicher anders, wenn ich als Zehnjährig­er mit dem Tanzen angefangen hätte. Aber Sie haben doch auch schon damals nicht daran gezweifelt, dass es Sie mal ins Showgeschä­ft verschlage­n würde, oder? Es war etwas diffuser. Mein Vater ist Anhänger dieser evangelika­len Erweckungs­bewegung und nahm mich als Jugendlich­er immer mal wieder mit zu deren Gottesdien­sten. Das waren ja im Grunde auch Shows auf einer großen Bühne, und irgendwie hatte ich damals das Gefühl, dass ich eines Tages auch vor Publikum stehen würde. Wobei ich nicht ans Predigen dachte, sondern Rockstar werden wollte. Ich dachte, dass mein eher dürftiges Gesangstal­ent dafür reichen dürfte.

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Reuters seiner Familie. Im – wegen des Drucks aus Jackman ein Spätstarte­r hat. Als Tänzer war Hugh mit dem Tanzen begonnen dass er nicht schon früher Nachhinein bereut er,

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