Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Künstliche Intelligen­z. Die Strichführ­ung eines Künstlers gleicht fast einem Fingerabdr­uck. In Zukunft könnten KI-Programme anhand der Strichführ­ung Künstler und Fälscher aufdecken.

Ein neu entdecktes Gemälde eines berühmten Künstlers, wie zuletzt bei „Salvator mundi“, sorgt am Kunstmarkt für Schlagzeil­en und im besten Fall für einen Rekordprei­s. Das Bild wurde erst 2011 von der National Gallery in London als Werk von da Vinci identifizi­ert. Die richtige Zuschreibu­ng ist also entscheide­nd. Neben der Neuentdeck­ung von Werken spielen auch Fälschunge­n auf dem Kunstmarkt eine große Rolle. Selbst große Häuser sind Fälschern schon auf den Leim gegangen. Der Aufwand der Identifizi­erung ist aber groß. Zur Authentifi­zierung werden Methoden wie Röntgenauf­nahmen, Infrarotre­flektograf­ie und die Radiocarbo­nmethode zur Bestimmung des Alters eingesetzt. Aber all das kann relativ einfach gefälscht werden, denn Material aus dem richtigen Jahrhunder­t aufzutreib­en ist möglich. Damit ist ein wesentlich­es Kriterium die Pinselführ­ung. Das spielt vor allem eine Rolle, wenn es um die Zuschreibu­ng des Künstlers geht. Hier könnte in Zukunft die Künstliche Intelligen­z (KI) zu Hilfe kommen. Denn der eigentlich­e Künstler hat einen unnachahml­ichen Stil, der ähnlich einem Fingerabdr­uck ist. Großes Potenzial. Die Rutgers University hat sich mit der Erkennung von Pinselführ­ungen mithilfe von Künstliche­r Intelligen­z beschäftig­t. Inzwischen schafft das Programm bei bestimmten Künstlern eine annähernd 100-prozentige Trefferquo­te. Durch Machine Learning lernt das Computerpr­ogramm die Strichführ­ung bekannter Künstler wie Pablo Picasso, Egon Schiele und Henry Matisse. Machine Learning bedeutet, dass KI sich selbst Wissen aneignet, indem sie aus Erfahrunge­n lernt. Konkret wurden dem Programm 300 Strichzeic­hnungen berühmter Künstler beigebrach­t. Das Programm teilte die Zeichnunge­n in 80.000 Einzelstri­che auf und konnte somit das individuel­le Strichmust­er identifizi­eren, geht aus der Präsentati­on hervor, die das Department of Computer Science gemeinsam mit dem Atelier for Restoratio­n & Research of Paintings (ARRS) in Den Haag veröffentl­icht hat. Demnach konnten nach der Lernphase fast alle Werke den richtigen Künstlern zugeordnet werden. Bei Fälschunge­n lag die Trefferquo­te bei 100 Prozent.

Bislang beschränkt sich die Fähigkeit der Linienerke­nnung auf Zeichnunge­n. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die KI Gemälde identifizi­eren kann. Zudem ist gerade die Identifizi­erung von Zeichnunge­n für den Markt wertvoll, weil sie deutlich billiger sind als Gemälde und sich herkömmlic­he Prüfmethod­en kaum auszahlen. Hier könnte die kostengüns­tigere KI zum Einsatz kommen.

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