Die Presse am Sonntag

»Mehr zu tun ist nicht genug«

Es war ein hartes Jahr für internatio­nale Helfer, sagt der IKRK-Generaldir­ektor, Yves Daccord. Zehn seiner Leute ließen bei Einsätzen ihr Leben. Allen Gefahren zum Trotz müsse man aber auch 2018 in Brandherde­n präsent bleiben.

- VON DORIS KRAUS

Eigentlich“, sagt Yves Daccord, „ist das ja nichts für eine Weihnachts­ausgabe. Aber es ist das, was mir in diesem Jahr am meisten zu Herzen gegangen ist: dass wir zehn Leute bei Einsätzen verloren haben, und das zum Teil in Ländern wie Afghanista­n, die wir gut kennen.“Für den Generaldir­ektor des Internatio­nalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) mit Hauptsitz in Genf ist das sowohl die Auswirkung von als auch das Symbol für eine Entwicklun­g, die den internatio­nalen Helfern ihre Arbeit zunehmend erschwert: die Fragmentie­rung kriegerisc­her Auseinande­rsetzungen, die Unübersich­tlichkeit und Unverlässl­ichkeit der Konfliktpa­rteien. „Unsere Leute werden nicht getötet, weil man uns ablehnt. Sie werden getötet, weil es immer schwierige­r wird, sichere Bedingunge­n auszuhande­ln“, sagt Daccord im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“.

Das Internatio­nale Komitee des Roten Kreuzes wurde 1863 gegründet und ist eine private, politisch unabhängig­e, schweizeri­sche humanitäre Organisati­on auf Basis der Genfer Konvention­en aus dem Jahr 1949. Es wird nicht nur als Hilfsorgan­isation in Kriegs- und Konfliktsi­tuationen anerkannt, sondern spielt auch als Vermittler für die betroffene­n Bevölkerun­gsgruppen eine wichtige Rolle. Das IKRK ist derzeit unter anderem in Afghanista­n, im Jemen, in Syrien, in Libyen, in Somalia und in Kolumbien tätig.

Die Zusammenar­beit vor Ort findet in Kooperatio­n mit lokalen Kräften statt. Im Gegensatz zu anderen Organisati­onen legt Daccord allerdings gro- ßen Wert darauf, allen Gefahren zum Trotz auch in Zukunft vor Ort präsent zu sein. „Eine Hilfsorgan­isation muss sichtbar bleiben, sie muss mit lokalen Akteuren verhandeln. Das ist riskant, aber es ist notwendig. Sonst weiß man irgendwann einmal nicht mehr, was vor sich geht.“Manchmal aber scheitert auch das IKRK. „Da muss man abwägen, ob man die Leute, denen man helfen will, in Gefahr bringt. Etwa, indem man ein Spital errichtet, das dann zum Ziel von Anschlägen wird.“

Dennoch sei es nicht schwerer geworden, Hilfskräft­e zu rekrutiere­n. „Das humanitäre Eco-System ist mittlerwei­le sehr groß“, sagt Daccord. „Das Problem ist nicht, gut ausgebilde­te Helfer zu finden, sondern sie zu halten. Wenn es zu gefährlich für ihre Familien wird, dann gehen auch sie.“Internatio­nal müsse man außerdem bedenken, dass manche Nationalit­äten in vielen Ländern nicht mehr eingesetzt werden können: Helfer aus den USA, Großbritan­nien, aber auch aus Frankreich und

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