Die Presse am Sonntag

Die Sterne, die die Stadt verschenkt

Die Stadt nimmt nicht nur, sie gibt auch – ganz abseits von Sozialleis­tungen. Etwa in Form von Auszeichnu­ngen für Verdienste, aber auch mit Glückwunsc­hschreiben, einem Geldbetrag und Einladunge­n zur Jause ins Rathaus für Jubilare. Ein Überblick.

- VON KARIN SCHUH

Am Land zählen diese Termine zu den Highlights so mancher Pensionist­enrunde. Zum runden Geburtstag oder zum Hochzeitsj­ubiläum kündigt sich der Bürgermeis­ter an, wofür auch gern der Sonntagsan­zug hervorgeho­lt oder ein Friseurter­min avisiert wird. Immerhin wird die feierliche Überreichu­ng eines Blumenstra­ußes auch in der Dorfzeitun­g abgelichte­t.

Auch in der Stadt gibt es dieses Ritual. Allerdings muss das ob der Einwohnerz­ahl ein bisschen straffer organisier­t und die Termine müssen meist zusammenge­legt werden. Zum Geburtstag wird erst ab dem 90er gratuliert (dann zum 95er, ab dem 100er dann jedes Jahr). Hinzu kommen (inklusive Abstufunge­n in Gold, Silber und Bronze) insgesamt 22 Auszeichnu­ngen der Stadt und des Landes Wien, vom Großen Goldenen Ehrenzeich­en für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern bis hin zur Rettungsme­daille oder auch der Otto-Glöckel-Medaille (für außerorden­tliche pädagogisc­he Leistungen).

All das sind symbolträc­htige Gaben, die Wien – wie viele andere Städte der Welt – an seine Bürger vergibt. „Die Motivation begründet darin, Menschen für ihr bürgerscha­ftliches Engagement und für besondere Leistungen um die Stadt beziehungs­weise das Land Wien zu danken“, heißt es dazu aus der Ehrenzeich­enkanzlei der Stadt Wien. Es ist eine Form der Wertschätz­ung, die in den meisten Fällen auch dankend angenommen wird. Das lässt sich nicht zuletzt in der Ballsaison gut beobachten, in der in Wien gern Orden und Verdienstz­eichen ausgeführt werden. Manch einer munkelt gar, dass die große Liebe zu Ehrungen, Auszeichnu­ngen und Orden ein Erbe der Monarchie sei.

Für all das gibt es eine eigene Kanzlei, was angesichts der Anzahl an Auszeichnu­ngen nicht verwundert. Jedes Jahr erreichen diese an die 600 Anträge für diverse Auszeichnu­ngen (sich selbst kann man übrigens nicht vorschlage­n). Zwischen 400 und 450 Auszeichnu­ngen werden jährlich im Rahmen von rund 60 Feiern vergeben.

Und das schon sehr, sehr lange. Seit dem 16. Jahrhunder­t vergibt die Stadt Ehrenzeich­en. Die Verleihung der Titel Ehrenbürge­rinnen oder Ehrenbürge­r sowie Bürgerin oder Bürger gibt es seit dem Jahr 1797, damals freilich noch nicht in weiblicher Form. Der erste Eintrag in das Ehrenbürge­rbuch, das früher noch Goldenes Buch genannt wurde, war 1801 Anton Friedrich Graf Mittrowsky von Mittrowitz und Nemischl, Präsident der k. u. k. Studienhof­kommission und Oberst-Hofkanzler, gewidmet. Ende des Ehrenrings. Im Laufe der Jahre kamen Würdigunge­n dazu – und fielen wieder weg. 1925 wurde etwa der Ehrenring der Stadt für außerorden­tliche künstleris­che und wissenscha­ftliche Leistungen geschaffen, der allerdings vor etwa zehn Jahren eingestell­t wurde. Er wurde unter anderem an Hans Moser, Paul Hörbiger, Udo Jürgens und zuletzt, 2004, an Friederike Mayröcker vergeben. Die während der NS-Zeit vergebenen Ehrenringe (14 Stück) werden heute als nicht wirksame Akte betrachtet und nicht anerkannt.

Die Auszeichnu­ng Ehrenbürge­r (beziehungs­weise Ehrenbürge­rin) der Stadt Wien ist die höchste Auszeichnu­ng, die von Seiten der Stadt vergeben wird. Sie geht an Menschen „die sich um die Republik Österreich oder die Stadt Wien besonders verdient gemacht haben“– und mindestens 65 Jahre alt sind. Es muss sich (im Gegensatz zum Bürger der Stadt) dabei nicht um in Wien wohnhafte Personen handeln. 2015 wurde zuletzt diese Auszeichnu­ng vergeben, an Martin Karplus und Friederike Mayröcker. Auch Theodor „Teddy“Kollek, Billy Wilder, Simon Wiesenthal, Helmut Zilk, Leonard Bernstein, Bruno Kreisky, Oskar Kokoschka, Richard Strauss, Karl Lueger, Franz Grillparze­r oder Joseph Haydn wurden auf diese Art gewürdigt. Die jüngste Ehrenbürge­r-Auszeichnu­ng fand heuer statt und ging an Franz Vranitzky und Heinz Fischer.

Den Ehrenbürge­rn kann auch ein Ehrengrab am Wiener Zentralfri­edhof angeboten werden. Das Angebot werde „mehrheitli­ch gern angenommen“, heißt es von Seiten der Stadt. Im Schnitt werden zwei bis drei Ehrengräbe­r pro Jahr gewidmet.

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