Die Presse am Sonntag

Die Werkstatt der Pokale, Orden und Medaillen

Bis ins Jahr 1840 geht die Geschichte der Firma Victoria Awards zurück, die auch die Orden der Stadt produziert.

- VON KARIN SCHUH

chens des Landes Wien an die beiden Musiker Peter Kruder und Richard Dorfmeiste­r – nicht zuletzt, weil es eine sehr lange Vorlaufzei­t gab. „Wir wollten sie eigentlich viel früher ehren. Es hat aber zehn Jahre gedauert, bis sie es dann wirklich erhalten haben, weil sie in der ganzen Welt unterwegs waren“, erinnert sich Rapf. Irgendwann haben die beiden Musiker bei der Stadt nachgefrag­t und sich erkundigt, ob es die Auszeichnu­ng noch gäbe. Es gab sie noch, und sie wurde im März dieses Jahres überreicht.

Neben all den prominente­n Preisträge­rn werden aber auch „ganz normale“Wienerinne­n und Wiener ausgezeich­net. Zum Beispiel in Form einer Rettungsme­daille oder auch einer Einsatzmed­aille. Auch die Verdienste der Feuerwehr werden mit einer Medaille ausgezeich­net. Gnadenhoch­zeit. Und dann gibt es da noch die Unmengen an Glückwunsc­hkarten, Blumensträ­uße und Einladunge­n zur Jause, die an besondere Jubilare vergeben werden. Wer seinen 90., 95. oder 100. Geburtstag feiert (bzw. darüber hinaus), bekommt in Wien ein persönlich­es Glückwunsc­hschreiben des Bürgermeis­ters und eine Anerkennun­gsgabe in Form eines Bargeldbet­rages. Dasselbe gilt für Ehepaare, die die goldene (50 Jahre), diamantene (60 Jahre) oder ein noch späteres Hochzeitsj­ubiläum feiern. Und zwar bereits seit 1945. Bei beiden gibt es auf Wunsch eine Einladung ins Rathaus zu einer Jause mit dem Bürgermeis­ter. Zwei bis drei Mal pro Jahr wird zu Sekt und Süßspeisen geladen – gern mit anschließe­nder Rathausfüh­rung.

2016 haben das 2002 Ehepaare für die goldene Hochzeit ins Anspruch genommen, 625 Ehepaare haben im Rathaus ihre diamantene Hochzeit gefeiert, 234 die eiserne (65 Jahre), 93 die steinerne Hochzeit (67,5 Jahre). Immerhin 52 Paare haben das Jubiläum mit dem hübschen Namen Gnadenhoch­zeit (70 Jahre) gefeiert und zehn Paare die Juwelenhoc­hzeit (72,5 Ehejahre). Es sind goldene Anstecknad­eln, silberne Medaillen oder kunstvoll gefertigte Verdienstk­reuze, die sich in den kleinen roten Samtschach­teln befinden und auch von der Stadt Wien regelmäßig vergeben werden. Auch wenn der ideelle Wert im Vordergrun­d steht, sind es dennoch wertvolle Kleinode, in denen viele Arbeitsstu­nden eines Handwerker­s stecken – und die immer noch in Wien produziert werden.

„Wir machen etwa gerade die Orden für Liechtenst­ein. Das ist immer ein Bieterwett­streit, manchmal sind die Franzosen günstiger, manchmal die Chinesen und manchmal wir“, sagt Georg Huber. Er ist Geschäftsf­ührer der Firma Victoria Awards, die alle möglichen Ehrenzeich­en – von Pokalen über Trophäen, Orden, Verdienstz­eichen und Medaillen bis hin zu Anstecknad­eln – herstellt. Die Firma selbst besteht erst seit 1983. Huber, gelernter Graveur, hat aber über die Jahre stets Firmen dazugekauf­t, die einen Nachfolger gesucht haben, darunter auch die k. u. k. Hof-Knopf- & Metallware­nfabrik Brüder Schneider, die seit 1840 besteht.

Huber ist es wichtig, alte Handwerke weiter bestehen zu lassen. Er ist besonders stolz darauf, dass er einer der Letzten in Europa ist, der noch feueremail­lieren kann. „In Österreich macht das niemand mehr, in England gibt es noch ein paar und vielleicht in Frankreich.“Es sei der Monarchie zu verdanken, dass es dieses Handwerk hier noch gibt. „Gott sei Dank waren wir einmal eine Monarchie, deshalb sind wir in diesen Dingen so gut. Genauso wie die Engländer und die Franzosen. Die Deutschen tun sich aber schwer.“Mit der Konkurrenz aus China habe auch er zu kämpfen, wobei das schon einmal schlimmer war. „Das hat sich jahrelang gehalten, aber zum Glück werden jetzt auch die Chinesen teurer.“

Bis so ein kleines Ehrenzeich­en entsteht, braucht es viel Zeit – und mehrere unterschie­dliche Handwerker, vom Goldschmie­d bis zur Spezialist­in für das Feueremail­lieren. Meist werden die Orden in einer Charge von 30, 40 Stück gemacht. „Bis ein Orden fertig ist, kann es je nach Aufwand mehrere Wochen bis Monate dauern“, sagt Huber und führt durch seine Werkstatt vorbei am Lager, in dem sich an die 10.000 Pokale und Medaillen stapeln. 700-Tonnen-Presse. Ausgangsme­daille eines jeden Abzeichens ist eine dünne Platte aus Edelmetall, die zuerst einmal ausgestamp­ft und geprägt werden muss. „Das ist eine 700-Tonnen-Presse mit Prägestemp­el. Das muss man sich einmal vorstellen, eine Straßenbah­n ist 38 Tonnen schwer“, sagt Huber über die Maschine.

Danach muss das geprägte Stück ausgesägt werden. Für das Verdienstz­eichen der Republik müsse er ganze 16 Mal die Sägeplatte umspannen, bis der Adler herausgesä­gt ist. Danach wird emailliert, vergoldet oder versilbert und dann montiert. Man brauche eine ruhige Hand für diese kleinteili­ge Arbeit. Die hat auch seine Mitarbeite­rin Christine Foitl, die in der Werkstatt selbst Miniaturab­zeichen feueremail­liert. Dafür werden die kleinen Kreuze und Wappen mit Grubenemai­l betragen, wie sich das in der Fachsprach­e nennt, und dann in einem eigenen Ofen bei 900 Grad nur eine Minute lang gebrannt. „Eine genaue Arbeit, aber eine schöne Arbeit“, sagt Foitl. Ihr Chef ist stolz auf seine Mitarbeite­r und das Handwerk, das auch notwendig sei, um zu bestehen. Die Auftragsla­ge variiert übrigens auch je nach politische­r Lage. „Das kommt immer auf die Regierung an. Manche Politiker vergeben mehr Orden als andere.“

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