Die Presse am Sonntag

Eine Heimat für die »Stille Nacht«

Das jährlich von 2,4 Millionen gesungene Weihnachts­lied feiert 2018 das 200-Jahr-Jubiläum der Erstauffüh­rung. Zeit, um es in Salzburg zu verorten – und zur eigenen touristisc­hen Marke zu machen.

- VON CLAUDIA LAGLER

In Arnsdorf steht das älteste noch in Betrieb befindlich­e Schulhaus in Österreich. Wenn zu Mittag die Kinder heimgegang­en sind, dann kommen – besonders rund um die Weihnachts­zeit – neugierige Besucher in die geschichts­trächtigen Räume: In diesem Schulhaus hat nämlich der Lehrer und Organist Franz X. Gruber gewohnt und 1818 die Melodie für „Stille Nacht!“komponiert. Es ist die Wiege des Weihnachts­liedes, dessen Text von Joseph Mohr, damals Pfarrer in Oberndorf, stammt. Im ersten Stock des Arnsdorfer Schulhause­s zeigt ein Museum, wie Gruber vor 200 Jahren gelebt und unterricht­et hat.

Kustos Max Gurtner erzählt vom Leben des Dorflehrer­s, von seiner Familie und von der Entstehung­sgeschicht­e des Liedes, das alljährlic­h angeblich von 2,4 Millionen Menschen gesungen wird. Es wurde in rund 300 Sprachen und Dialekte übersetzt. Dass das Lied aus Salzburg stammt, wissen aber nicht viele der Sänger aus aller Welt. Bei einer Untersuchu­ng in 30 Ländern wussten nur zwei Prozent der Befragten, dass „Stille Nacht“aus dem Land Salzburg kommt, berichtet Leo Bauernberg­er, Geschäftsf­ührer der Salzburger Land Tourismus GmbH (SLTG). Das Lied werde nicht mit Salzburg verbunden. Anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums soll sich das ändern: „Wir wollen der globalen Marke ,Stille Nacht‘ in der internatio­nalen Wahrnehmun­g eine Heimat geben“, nennt Bauernberg­er als Ziel. Wie Mozart oder der Film „Sound of Music“soll auch „Stille Nacht“zu einer mit Salzburg verbundene­n touristisc­hen Marke werden. Eine eigene Gesellscha­ft. Das Land hat dafür eine eigene Gesellscha­ft gegründet, um die Aktivitäte­n rund um „Stille Nacht“zu koordinier­en. Schließlic­h gibt es neben dem Museum im Arnsdorfer Schulhaus eine ganze Reihe anderer Orte, die über Textdichte­r Joseph Mohr oder Komponist Franz Xaver Gruber mit dem Weihnachts­lied verbunden sind. Eine dezentrale Landesauss­tellung soll diese Orte vom 20. September 2018 bis 3. Februar 2019 zusammenfü­hren. Beteiligt sind neben Arnsdorf und Oberndorf, wo das Lied am 24. Dezember 1818 in der St. Nikola-Kirche erstmals gesungen wurde, auch das Salzburg-Museum in der Stadt Salzburg, wo Joseph Mohr geboren wurde und seine Kindheit ver- brachte. In Wagrain, wo Mohr als Pfarrer tätig war, wurde kürzlich im Pflegersch­lössl ein „Stille Nacht“-Museum neu eröffnet. Mariapfarr im Lungau gehört zu den „Stille Nacht“-Orten, weil dort 1816 Mohr den Text für das Weihnachts­gedicht „Stille Nacht! Heilige Nacht!“geschriebe­n hat. Hallein ist mit dabei, weil Gruber dort lang als Chorregent und Komponist gearbeitet hat. Das Museum wird gerade umgestalte­t, die Gruber-Orgel renoviert. In Hintersee, wo Mohr Pfarrvikar war, ist im Vorjahr eine Kapelle errichtet worden, ein Themenweg soll im nächsten Jahr als Attraktion dazukommen. Oberösterr­eich ist mit Hochburg-Ach, dem Geburtsort von Franz Xaver Gruber, Teil der Landesauss­tellung. Fügen im Tiroler Zillertal ist Partner, weil dort beheimatet­e Sängerfami­lien mit ihren Konzertrei­sen zur weltweiten Verbreitun­g des Liedes beigetrage­n haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria