Digitaltechnik im Retrokleid
Der »SU G700« präsentiert sich als Verstärker der alten Schule, analoge Zeigerinstrumente als Aufputz inbegriffen. Klanglich setzt Technics aber ganz auf digitale Technik.
Es gibt Menschen, die meinen, bei Hi-Fi-Verstärkern hätten Pegelanzeiger keinen praktischen Wert und seien somit verzichtbar. Mit Ersterem mögen sie recht haben, mit Zweiterem definitiv nicht. Die zuckenden Zeiger der VUMeter haben – sinnvoll oder nicht – einfach ihren Reiz. Das sieht auch Technics so und macht sie zum Markenzeichen ihrer neuen Verstärkergeneration. So auch beim jüngsten Modell, dem „SU G700“, der mit 2000 Euro auch für eine breitere Käuferschicht einigermaßen erschwinglich ist. Auch wenn der klassische Verstärker keinen Massenmarkt mehr bedient – die meisten begnügen sich heutzutage mit Bluetooth-Boxen –, so ist er für viele Musikfreunde immer noch das Herzstück der Hi-Fi-Anlage.
Die massive Alufront des „G700“ist – abgesehen vom Luxus der Pegelanzeige – betont schlicht. Während das Äußere den Charme vergangener Tage versprühen soll, setzt man im Innersten auf neueste Digitaltechnik. Der energiesparende Class-D-Verstärker schaltet mit 1,5 Mhz nicht nur besonders schnell, sondern dank batteriegestützten Taktgebers mit „Jitter Eliminating and Noise Shaping Optimierung“, kurz Jeno, sehr präzise. Ein weiterer technischer Kniff, die Load Adaptive Phase Calibration (LAPC) soll lastabhängige Einflüsse der angeschlossenen Boxen kompensieren. Der Lohn dieser Mühe ist ein sehr sauberer, kraftvoller Klang. Nach kurzem, automatisch ablaufendem Einmessen, LAPC-aktiviert, klingt vor allem der Bass noch kontrollierter, und das gesamte Geschehen hebt sich noch mehr von den Boxen ab. Dieser Effekt hängt prinzipiell vom Lautsprecher ab, war im Test aber bei Boxen verschiedenster Preisklassen ähnlich ausgeprägt. Auch wenn die Exaktheit das hervorstechende Charakteristikum des „G700“ist, bedeutet das nicht kalte Präzision. Im Gegenteil: Bei aller Subjektivität solcher Urteile bewirkt gerade die saubere Wiedergabe, dass es einfach stimmig klingt und so der digitale Aufwand letztlich ein sehr natürliches und in diesem Sinn „analo- ges“Klangbild hervorbringt. Mag sein, dass sich der eine mehr „Wärme“, der andere mehr Brillanz wünschen würde, in Summe dürfte der Klang aber für die meisten Hörer und die meisten Settings genau richtig liegen. Nur wer auch noch das letzte Quäntchen Fein(st)auflösung heraushören will, der muss eventuell zu einem anderen Verstärker greifen. Wobei auch hier das Niveau schon sehr hoch ist. Die Leistung von 2 x 65 Watt (acht Ohm) ist in der Praxis mehr als ausreichend. Klassische Aufgabentrennung. Was Bedienung und Ausstattung angeht, so finden sich an der puristischen Front nur Lautstärke- und Eingangswahlregler. Für weitere Funktionen wie Dimmen der Pegelanzeige, LAPC oder die automatische Abschaltung benötigt man die Fernbedienung. Mit ihr können auch Bass, Höhen und die Mitten angehoben/abgesenkt werden. Worauf – wie oft bei softwaremäßiger Klanganpassung – vergessen wurde, ist der Balanceregler. Dieser geht zwar nur bei nicht optimalem Hörplatz ab, dann aber sehr. Was mancher ebenfalls vermissen mag, sind Drahtlosverbindungen. Der „G700“versteht sich aber als klassischer Verstärker. Für Streamingservices sind die angeschlossenen Zuspieler zuständig. Auch lässt sich nur ein Boxenpaar anschließen. Dafür bietet er zahlreiche Eingänge inklusive Phono (MM) für Plattenspieler, wobei alle analogen Signale sofort digitalisiert werden. Komplettiert wird die Ausstattungsliste mit einem bemerkenswert guten Kopfhörerausgang, der für alle, die ihre Musik oft auf diesem Weg genießen (müssen), ein echtes Plus ist.
Der „Technics SU G700“hält klanglich, was seine Optik verspricht, und bietet (fast) alles, was man von einem reinen Verstärker erwarten darf. Wer prinzipiell bereit ist, 2000 Euro für ein solches Gerät auszugeben, wird die Investition also kaum bereuen.