Da donnert Händel: »Messiah« als Triumph der tiefen Töne
Jubel nach der Aufführung im Musikverein mit dem Arnold Schoenberg Chor unter Erwin Ortner, der Lautten Compagney Berlin und guten Solisten – allen voran Bassist Florian Boesch. Am Pult des Musikvereins stand am Donnerstag ein Meister seines Fachs, Erwin Ortner. Der Begründer des fulminanten Arnold Schoenberg Chores führte diesen zusammen mit der zurecht renommierten Lautten Compagney Berlin durch Händels Meisterwerk christlicher Heilsgeschichte. Sowohl Chor als auch Orchester zeigten in diesem „Messiah“, dass sie mit Tempi, Lautstärken und Intonation umzugehen verstehen. Das bewiesen sie unter anderem durch ein äußerst majestätisches „Hallelujah“, bei dem sie ohne Eile zum Höhepunkt gelangten.
Auch die Solisten waren gut gewählt. Im „Rejoice greatly“zeigte Cornelia Horak die Beweglichkeit ihres klaren Soprans, der in den ruhigen Passagen noch heller klang. Speziell die Arie „I know that my Redeemer liveth“liegt ihrem sicheren Sopran gut. Sie glänzte an der Seite von Sara Mingardos Alt im Siciliano-Duett „He shall feed his flock“. Mit der Arie „O thou that tallest good tidings to Zion“offenbarte die italienische Altistin Mingardo die Schönheit ihrer genuinen Altstimme. Nach der Pause klang Mingardo noch stärker als im ersten Teil. Sie schaffte es, ihr Timbre in einer expressiven Darbietung der Arie „He was despised and rejected“zur Geltung zu bringen. Mingardo schien dabei die Längen und Tiefen besonders auszukosten. Der australische Tenor Steve Davislim ließ seine stimmliche Vielschichtigkeit, die er vor allem im zweiten und dritten Teil beweisen konnte, schon im „Comfort ye“anklingen. Wunderbar harmonierte Davislims wohlklingender Tenor mit Mingardos sattem Alt im Duett „O Death, where is thy sting?“. Ein Bass konkurriert mit der Trompete. Ganz im Gegensatz zum beinahe sanften Tenor Davislims tritt Florian Boeschs Bass in Erscheinung. Dessen Stärke erschien wie ein donnerndes Strafgericht im Accompagnato „Thus saith the Lord of Hosts“. Florian Boesch schaffte an diesem Abend, was anderen Vertretern seiner Stimmlage nicht immer gelingt: Man freute sich auf den Einsatz der Bassstimme. Boesch beeindruckte nicht nur durch seine Präsenz, sondern auch durch seine virtuosen Koloraturen. Treffsicher meisterte er die herausfordernden, schnellen Passagen, verlor sich nicht in den Tiefen. In der Arie „The trumpet shall sound“triumphierte Boesch und zeigte, dass sein kräftiger Bass mit der Trompete kombattieren kann. Der einzige Wermutstropfen dieses Abends war eine kurze Unterbrechung in der Mitte des ersten Teils, die einige Zuspätgekommene verschuldeten. Nach den Schlussakkorden erwartet Orchester, Chor und Solisten minutenlanger, ohrenbetäubender Applaus. Der Dirigent muss sich verdienterweise den Schweiß von der Stirn wischen. Den nicht enden wollenden Jubel kann Ortner nur durch eine Zugabe des „Halleluja“unterbrechen. Grandios.
Empfehlungen: 7. 3. 2018, Boesch, „Schwanengesang“von Franz Schubert. 10. 3. 2018, Lautten Compagney, „Doppeltes Vergnügen“. Beides im Musikverein.