Glaubensfrage
RELIGION REFLEKTIERT – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE
Krippenspiel. Kindermette. Christmette. Weihnachten. Die Zeit ist gekommen, wo in den Kirchenbänken der Platz eng wird.
Es beginnt schon in den Nachmittagsstunden jenes Tages, der Heiliger Abend genannt wird. Schon bevor sich das Dunkel der Stadt und des Landes bemächtigt, machen die Kirchen Angebote. Gerade früh genug, um währenddessen in den Wohnungen, die Kinder beherbergen, die entscheidenden Vorbereitungen auf das Fest treffen zu können. Die Angebote sind so speziell, wie der 24. Dezember speziell ist. Krippenspiel oder Kindermette – getreu dem mehr als 200 Jahre alten Lied „Ihr Kinderlein kommet“– nennen sich die Veranstaltungen dann. Und die Kinderlein kommen und mit ihnen die Mamas, Papas, Omas, Opas, Tanten und Onkeln.
Für Veranstaltungen wie diese werden in keinem Missale Romanum, in keinem Römischen Messbuch also, theologisch hoch reflektierte und mit dem Vatikan bis zum letzten Beistrich abgestimmte Texte zu finden sein. An der Beliebtheit, man darf auch sagen, ungebrochenen Beliebtheit dieser Angebote ändert das nichts. Meist sind die Kirchen schon bei dieser Gelegenheit so gut besucht wie traditionell einige Stunden später bei der Christmette. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit in einer Zeit, in der alle Indizes sinken, die die Intensität des formellen Glaubensvollzugs zu messen vorgeben.
Weihnachten, die Ereignisse der laut christlichem Verständnis heiligen Nacht, die Geburt eines Kindes, des Sohnes Gottes gar, geht vielen ans Herz, berührt, rührt. Lassen wir das Gejammere über die Kommerzialisierung von Weihnachten beiseite. Schieben wir auch das Gejammere über dieses Gejammere weg. Betrachten wir die Sache aus einer entspannten, einer zurückgelehnten Position. Vielleicht ist ja gerade jetzt einmal Gelegenheit dafür. Dieses Fest, der Kern dieses Festes ist viel zu stark, die Erzählung selbst viel zu unerhört und wirkmächtig, als dass das Fest in Gefahr gesehen werden muss, ausgehöhlt und sinnentleert zu werden. Geben, jemandem ein Geschenk zu machen, ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis. Gerade zu Weihnachten wird das gegenwärtig. Nie sonst wird so oft mit Erfolg appelliert, an die zu denken, die Unterstützung benötigen. Weihnachten ist ja auch die Zeit des Spendens, einer, wenn man so will, freiwilligen Form der Umverteilung.
Ja, wahrscheinlich sprechen zunehmend weniger Menschen vor und unter dem Christbaum tradierte Gebete. Kann gut sein, dass viele Vorstellungen von den Ereignissen jener Nacht vor 2000 Jahren sich nur bedingt mit dem decken, was in der Bibel zu lesen und durch die Lehre der Kirche überliefert ist. Und ja, Weihnachten ist auch eine Zeit, in der persönliche, familiäre Konflikte besonders schmerzhaft empfunden werden. Weihnachten bleibt aber auch einer jener Momente, der geeignet ist, das Beste im Menschen zu wecken.
Weihnachten 2017: Das Fest möge beginnen.