Vom Board auf die Skier: Abgesang auf die große Trendsportart
Die Zeit der großen Trends im Schnee ist vorbei. War es einst eine Glaubensfrage, Snowboard oder Ski zu fahren (oder beides zu verweigern), splittet sich der Wintersport nun in Verschiedenstes auf. Wenn man einen Trend sucht, dann ist es das Naturerlebnis
In den Neunzigerjahren wäre alles andere undenkbar gewesen. Undenkbar, die altvaterischen Skier, samt patscherten Stöcken und engen Skihosen anzulegen. Zumindest, wenn man damals ungefähr zwölf Jahre alt war und so etwas wie cool sein wollte. Wenn man dann, erstmals mit nur einem Brett an beiden Füßen, hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken versucht, auf die Beine zu kommen und gleich wieder umfällt, war es mit dem Coolsein nicht weit her. Aber damit haben die weiten Hosen, die nassen Hintern beim Lässig-auf-der-Piste-Sitzen oder das ganze andere Snowboardergetue der Teenies der Neunziger retrospektiv auch nicht so viel zu tun.
Sei es drum. Lang galt das Brett als Maß aller Dinge, wenn es um Trends beim Wintersport ging. Vorbei ist es damit natürlich nicht. Das sieht man in jedem Skigebiet, auf den Pisten, in den Funparks. Und dieses Wochenende macht der Snowboard-Weltcup zum ersten Mal halt in Lackenhof am Ötscher, dabei sind auch gefeierte österreichische Topfahrer.
Während es oft geheißen hat, Snowboarden sei längst out – an diesem Wochenende, vor tausend Zuschauern pro Tag in einem ausgebuchten Ort, kann man davon nicht sprechen. Trotzdem: Der Boom ist vorbei. Der große Umstieg von zwei Brettern auf eines, der Megatrend der Neunziger ist lang Geschichte. Snowboarden wurde vom Trend zur Randsportart. Händler haben Boards ausgelistet. Das bemerkt man auch in Sportgeschäften. Manche Händler haben Snowboards und Zubehör mittlerweile ausgelistet – bzw. man bekommt vieles nur noch auf Bestellung. Auch die Verkaufszahlen waren schon viel höher. Aktuell werden im heimischen Sporthandel jedes Jahr rund 30.000 Snowboards verkauft. Die Zahl ist seit ein paar Jahren
Prozent der Wintersportler
wählen das Board statt Skiern (oder anderem Gerät). Bei Winterurlaubern ist der Anteil mit 17 Prozent etwas höher, so die Zahlen des Instituts für Freizeitund Tourismusforschung. Beide Anteile sind seit Jahren unverändert. Der große Boom ist aber längst vorbei.
Tausend Snowboards
werden derzeit jedes Jahr in Österreich verkauft. Das sind halb so viele wie Anfang der 2000erJahre. Demgegenüber stehen derzeit 350.000 verkaufte Paar Skier. Und auch die stark wachsenden Verkaufszahlen bei Tourenskiern haben jene der Snowboards mittlerweile eingeholt. nun relativ konstant, aber zur Hochzeit der Snowboarder, um die Jahrtausendwende, waren es 60.000 Bretter im Jahr. Zum Vergleich: Jährlich werden rund 350.000 Paar Skier verkauft, und die Zahl der verkauften Paar Tourenskier hat mit 50.000 jene der Snowboards mittlerweile längst überholt.
Ein Trend, den man nicht nur in Österreich betrachtet, in Deutschland registrieren Händler ebenso eine Verschiebung von Boards in Richtung Skier. Und auch in den USA, aus denen einst der Trend vom Gleiten auf einem Brett im Schnee zu uns gekommen ist, haben die Hersteller und Händler schon vor zehn Jahren über einbrechende Zahlen berichtet. Beständig in der Nische. Im Verleih stehe das Verhältnis Snowboard zu Ski derzeit in etwa bei eins zu zehn, sagt Michael Nendwich. Er betreibt mehrere Sportgeschäfte (samt Verleih) und Skischulen, er ist Berufszweigobmann der Sportartikelhändler in der Wirtschaftskammer und Präsident des europäischen Sportfachhandelsverbandes.
Seit ein paar Jahren hält sich demnach eine beständige Gruppe an Snowboardern. Mehr werden sie aber nicht mehr. Diese Beobachtung macht auch Peter Zellmann, Chef des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung, der den Anteil der Snowboarder unter den heimischen Freizeitsportlern mit (seit Jahren konstanten) 13 Prozent beziffert. Bei den Winterurlaubern ist der Anteil mit 17 Prozent ein wenig höher. In Deutschland ist der Anteil mit etwa 15 Prozent übrigens ähnlich groß.
„Anders als beim Skilauf ist der Anteil derer, die Snowboarden als Alltagssport betreiben, etwa gleich geblieben. Beim Skifahren ist er zurückgegangen“, sagt Zellmann. Der große Umstieg von den Skiern aufs Board, den es in den Neunzigern und Nullerjahren gegeben hat, der ist aber lang vorbei.
Sucht man nach Trends im Wintersport, dann geht es nun schon seit ein paar Jahren stets um jene Betätigungen, bei denen es abseits von Liften und Pisten (oder parallel dazu) in die Berge geht: Tourengehen (das geht
In Lackenhof feiern Mengen die Snowboarder. Aber die große Zeit ist dennoch vorbei.
auch mit Splitboards, aber das ist nun wirklich eine Nische), Schneeschuhwandern, Winterwandern oder Tätigkeiten, die man unter Funsport summieren kann, also Snowbraken, Snowskating, Fatbiken und Ähnliches (siehe Infobox unten). Während sich Tourengehen, wenn auch als Randsportart, seit Jahren beständig etabliert, spielen die Funsportarten allerdings in der Masse keine Rolle.
„Es ist touristisch wichtig, dass es Dinge wie Fatbike-Touren gibt, um die Leute zu motivieren. Das ist schön zum Ausprobieren oder als Ergänzung zum Skifahren, aber in der Menge ist das vernachlässigbar“, sagt Nendwich. Die Masse fährt Ski. Die Masse, die fährt Ski. Und bei allen Fun- oder Geländeangeboten, Skigebieten ohne Lifte und Pisten, das sei im großen Stil nicht vorstellbar. „Rodeln, Winterwandern, Tourengehen, das sind alles Alternativen. Aber deswegen steigt man nicht vom Skilauf aus“, meint Zellmann. Beim Snowboarden war das damals anders. Board oder Skier, das war, kurz zumindest, eine Distinktionsfrage. Die Idee, auf einem Brett durch den Schnee zu rutschen, war zwar auch in den Neunzigerjahren nicht neu – der Österreicher Toni Lenhardt hat mit dem Monogleiter schon im Jahr 1900 einen Vorläufer des Snowboards erfunden. Aber erst Pioniere wie Jack Burton, die die Boards weiterentwickelt haben, und um die Marken eine ganze Mode- und Lifestylewelt aufgebaut haben, haben damit eine ganze Generation Wintersportler geprägt.
Früher konnte man nur auf Snowboards carven, heute kann das jeder.
Siegeszug mit tragischem Höhepunkt. In den Neunzigern haben sich die Skigebiete dann an die neuen Sportler angepasst. Nach und nach zumindest, denn lang gab es viele Bedenken, ob sich Skifahrer und Snowboarder auf einer Piste vertragen. Mitunter weigerten sich Liftbetreiber, Snowboarder mitzunehmen. Schließlich würden die mit ihren breiten Brettern Spuren zerstören, auch die Fahrweisen – oder das Herumhocken von Jugendlichen auf Pisten – sorgten zunächst oft für Konflikte.
Dann entstanden für diese Bankerln am Pistenrand, auch Funparks wurden errichtet, und in den Neunzigerjahren war Snowboarden das bei Weitem am stärksten wachsende Segment im Sportartikelbereich. Seit Nagano 1998 gehört Snowboarden zum Programm der Olympischen