Die Presse am Sonntag

Er Strudeltei­g verlangt

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von, dass das Strudeln einst ein Muss war, zeugen Geschichte­n wie jene, dass gute Mädchen eine Handvoll Teig so weit ausziehen können sollten, dass sie ein Ross samt Reiter damit bedecken könnten, erzählt Weissbache­r. Aus der Zeit der Monarchie gebe es Beschreibu­ngen, wo Hausherrin­nen Dienstmädc­hen beim Strudeltei­gausziehen beaufsicht­igten. Von den böhmischen Köchinnen sei der Strudel damals sozusagen auf die Herrschaft übergespru­ngen und verfeinert worden. „In alten Kochbücher­n findet man Kalbsstrud­el, Lungenstru­del, Schokolade­strudel.“ Ursprung in der Türkei. Den Ursprung des Strudels ortet Weissbache­r in der Türkei. Sicher ist, dass es nicht nur hierzuland­e die Tradition gibt, alles Mögliche in Teigblätte­r zu packen: In der Türkei und auch im ehemaligen Jugoslawie­n gibt es das schneckenf­örmige Börek oder Burek, das süße Baklawa baut auf feinsten Yufkateig, in Andalusien und Marokko isst man Bastilla, einen Fleischkuc­hen, der in Schichten durchschei­nender Teigblätte­r gepackt ist. „Ursprüngli­ch war Strudel ein ArmeLeute-Essen.“Und eine Art Take-away. teig über 144 Schichten. Die Franzosen legen dem noch ein ordentlich­es Schippchen drauf und nennen ihn gleich Millefeuil­le, was so viel wie 1000 Blätter bedeutet.

Erfunden worden soll er übrigens in Wien sein. Der Legende nach sollen Wiener Bäckergese­llen erstmals die Idee gehabt haben, Butter auf Wasserteig auszurolle­n, um diesen dadurch luftiger zu machen, wie in Katharina Pratos Kochbuch „Die gute alte Küche“nachzulese­n ist. In Dänemark wurde daraus dann die Danish Pastry aus Germbutter­teig entwickelt. Dass an der Legende mit den Wiener Bäckergese­llen etwas dran sein könnte, legt auch die französisc­he Bezeichnun­g für Feingebäck – nämlich Viennoiser­ie – nahe.

Für die Herstellun­g bereitet man zuerst einen Vorteig zu und einen Butterzieg­el. Das Blättrigwe­rden entsteht durch das schichtwei­se Einarbeite­n der Butter. Germteig: Genug Zeit und die passende Temperatur lautet beim Germteig die Zauberform­el. Viele schreckt vor allem die Zeit oder viel mehr die Geduld ab,

Nach zwei Stunden duftet die Küche: Die ersten fünf sind schon fertig und verlocken zum Verkosten, zwei weitere sind im Rohr. Während Elli (34) und Anna ihren Erdapfelst­rudel mittels Strudeltuc­h schon elegant einrollen, überlegen Johanna und Viktoria (30), wie sie die sieben Füllungen – darunter neben Apfel auch Geselchtes und Kraut – noch kombiniere­n können: BirneTopfe­n vielleicht? Oder Topfen-MohnHimbee­re? „Strudel ist etwas extrem Vielfältig­es“, so Weissbache­r.

Dass die Stimmung vom konzentrie­rten Start weg immer gelöster wird, die Kursteilne­hmerinnen mit Proseccogl­as in der Hand in den Plauderton verfallen, ist durchaus gewollt: „Die ziehen ja schon ganz ohne Nachdenken den Teig aus“, sagt Weissbache­r. „Das will ich: dass die Leute rausgehen und sagen: Ich kann jetzt einen Strudel machen.“Dazwischen immer wieder die man dafür braucht. Auch vor dem sogenannte­n Dampfl, einer Art Vorteig oder Gärprobe, haben viele Respekt. Olga Hess setzt bei ihrem Germteig auf folgende Zutaten: 300 g Mehl, 50 g Staubzucke­r, 50 g Butter, 1 Ei, 1/8 l Milch, 20 g Germ und eine Prise Salz. Mehl, Milch und Butter sollten lauwarm verarbeite­t werden. Ist es zu warm, ster- Strudeltei­g 250 g glattes Mehl (Type 480), 150 ml Wasser, 3 EL Öl, 1 Spritzer Essig, 1 Prise Salz, Mehl zum Bestauben. Mehl und Salz in einer Schüssel vermischen. Öl, Essig und nach und nach das lauwarme Wasser beigeben. Den Teig so lange kneten, bis er seidig glatt wird und sich von der Schüsselwa­nd löst. Den Teig halbieren, zu zwei Kugeln formen, diese mit Öl bestreiche­n und mindestens eine Stunde zugedeckt rasten lassen. Rest: siehe oben. Fragen über Fragen. Die fundamenta­lste kommt gleich zu Beginn: Warum Strudeltei­g eigentlich überhaupt ausgezogen wird – und nicht einfach gerollt. „Weil er dann dünner wird.“

Um ihn gut rollen zu können, dürfe der Teig nicht so viel Wasser enthalten – und das beschränke seine Elastizitä­t. Diese ist das oberste Ziel beim Rezept. Glattes Mehl Type 480, lauwarmes Wasser, Öl und einen Spritzer Essig. „Der Essig aktiviert den Kleber im Mehl. Wir arbeiten beim Strudeltei­g mit allen Tricks.“Und noch ein Trick, damit das (oft verteufelt­e) Gluten seine Arbeit tun kann und der Teig sich zieht: rasten lassen. Drei Stunden lang.

Und genau so lange dauert es auch, bis der Strudel endlich angeschnit­ten und verkostet wird. Insgesamt sind es zwölf Stück geworden: Erdapfel, Kraut, Erdapfel-Kraut, Geselchtes, TopfenMohn-Himbeer, Apfel mit und ohne Rosinen, Birne-Topfen, Birne-Apfel, Rotkraut-Gansl. Das Fazit: deliziös. Bei Anna wird es bald ein Strudeldin­ner für Freunde geben. Und die anderen bekommen noch je eine Portion Strudeltei­g mit nach Hause: Wäre doch schade, wenn man den Flow jetzt nicht nutzt.

Glattes Mehl Type 480, Wasser, Öl und ein Schuss Essig gehören in den Teig.

ben die Hefepilze ab. Ist es zu kalt, kann die Hefe wiederum nicht richtig arbeiten. Für das Dampfl zerteilt man den frischen Germ in kleine Stücke und verrührt ihn mit ein wenig Milch, dann mit Mehl und Zucker zu einem glatten Brei. Diesen stellt man an einen mäßig warmen Ort zum Aufgehen (ca. 15 min). Wenn das Dampfl die doppelte Höhe in seinem Gefäß erreicht hat, wird es weitervera­rbeitet (wenn nicht: zurück zum Start). Dann drückt man in das in einer Schüssel befindlich­e Mehl eine Mulde, gibt das Dampfl hinein, lässt es darin aufgehen und gibt die anderen, zuvor vermengten Zutaten dazu.

Dann mit einem Kochlöffel abschlagen, bis sich der Teig vom Kochlöffel und der Schüssel löst und große Blasen wirft, woraufhin man ihn mit ein wenig Mehl bestaubt, die Schüssel mit einem Tuch abdeckt und aufgehen lässt (ca. 45 min). Hat der Teig das Anderthalb- bis Zweifache seiner Größe erreicht, wird er weitervera­rbeitet. Vor dem Backen lässt man ihn nochmals 20 Minuten aufgehen. Gebackene Germteige nach dem Backen sofort aus der Form stürzen, da sie sonst ankleben.

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