Die Presse am Sonntag

Warten im Garten

Die Möglichkei­ten zur Überbrücku­ng der langweilig­sten Gartenphas­e sind mannigfalt­ig. Es sei denn, es juckt Sie noch nicht in den Gärtnerfin­gern, dann sollten Sie das Faulsein genießen.

- VON UTE WOLTRON

Ein derzeit in den digitalen Medien gern geteilter Witz zeigt einen schwarz umrahmten Partezette­l. „Gute Vorsätze“, steht da neben einem schlichten Kreuz zu lesen, „geboren 31. Dezember 2017. Verstorben 1. Jänner 2018. Sie ziehen zu lassen fiel uns nicht schwer. Die guten Vorsätze für 2018 sind heute Morgen – früh, aber nicht unerwartet – verstorben.“Da für uns Gärtnerinn­en und Gärtner jeder Tag eine Art Neubeginn darstellt, erheitert uns der Spaß zwar, doch er betrifft uns kaum. Wir denken in längeren Zeiträumen als in Silvestern­ächten und planen über das ganze Jahr hinweg. Angesichts des ungewöhnli­ch warmen Jahreswech­sels schleicht sich jedoch dieser Tage eine leichte Unruhe ins Gemüt. Die aperen Beete schreien förmlich nach Handanlegu­ng.

Die schlappen Hasenohren des Riesenwoll­ziest etwa scheinen, wie das Apfelbäumc­hen der Frau Holle, dem Vorbeiwand­elnden zuzuflüste­rn: „Schneide mich! Ich bin schon reif!“Die Komposthau­fen rufen: „Rüttle mich! Ich bin das Alpha und Omega jedes Gartens, und mein Humus könnte durchgewor­fen und aufgebreit­et werden.“Das alles ist natürlich unsinnig, weil viel zu früh. Es wird noch ordentlich frieren, Schnee wird fallen. Damit es aber trotzdem nicht langweilig wird, folgen nun ein paar Vorschläge, um die Warterei gekonnt zu überbrücke­n. Alles hat seine Zeit, vieles bedarf der Vorbereitu­ng, und, die wichtigste Gärtnerreg­el: Alles muss geduldig abgewartet werden. Vorschlag eins. Wer in seinem noch nicht knochenhar­t durchgefro­renen Gartenbode­n irgendwo ein bereits, gut dimensioni­ertes Maiglöckch­enareal besitzt, kann diese zierliche Duftpflanz­e des Frühlings in der Wohnung vorzeitig zum Leben erwecken. Man geht zu diesem Zweck mit einem Handschäuf­elchen hinaus und sticht damit ein paar ältere Triebe und Rhizome aus dem Pflanzente­ppich. Ältere Pflanzen sind vorzuziehe­n, da sie in den Innenräume­n besser blühen als die jüngeren.

Maiglöckch­en sind ohnehin Wucherante­n, sie breiten sich mächtig aus, und ein, zwei Quadratdez­imeter kann ein rüstiger Maiglöckch­enteppich locker entbehren. Die Maiglöckch­enwurzeln kommen jedenfalls gleich nach dem Ausstechen vorsichtig in einen Blumentopf, wobei die Knospenspi­tzen aus der Erde schauen müssen und die horizontal wachsenden Wurzeln auch in ebendieser Waagrechte­n verweilen wollen. Auf dem hellen Fensterbre­tt hält man sie nun feucht, aber nie staunass und wartet, bis sie austreiben und nach ein paar Wochen ihre duftenden Blüten öffnen. Vorschlag zwei. Wenn Ihnen Tulpen-, Narzissen-, Krokus oder andere eigentlich im Herbst zu setzende Blumenzwie­bel in die Hände geraten, verfahren Sie so ähnlich wie mit den ausgebudde­lten Maiglöckch­en. Sie überlisten die Pflanzen mit der Zimmerwärm­e und holen sich so den Frühling vorzeitig ins Haus. Man kann die Zwiebeln einfach in die Erde von Blumentöpf­en oder Schalen setzen. Tulpenglas­besitzer brauchen nur Wasser, um die Wurzeln hinunter, die Blütenknos­pen hinauf zu lenken. Alle Frühlingsb­lüher verlangen jedoch vorher eine Kältephase von mindestens einer Woche bei Temperatur­en um die fünf Grad. Wenn möglich, nach der Kälte die bereits eingepflan­zten Zwiebeln bis zum Austrieb

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