Wo ist der Zaster nur geblieben?
Ob Hypo Alpe Adria oder Bawag: Ein gemeinsames Merkmal aller großen Betrugs- und Korruptionsprozesse in Österreich ist und bleibt das auffällige und seltsame Desinteresse der Justiz am Verbleib des Geldes.
Eine bis heute ungeklärte Frage begleitet alle großen Betrugs-, Untreueund Korruptionsprozesse der vergangenen Jahre: Warum interessiert sich niemand dafür, wo das verschwundene, verlorene oder veruntreute Geld geblieben ist? Vor allem: Wieso weigern sich Gerichte so hartnäckig, dieser Frage nachzugehen? Vielleicht, weil den Schaden ohnehin die Steuerzahler – beziehungsweise im Fall Bawag die Gewerkschaftsmitglieder – ohne großes Murren begleichen und man sich auf diese Weise das Offenlegen unliebsamer politischer Verwicklungen erspart?
Ein besonders krasses Beispiel dafür war der Prozess um die verschwundenen Bawag-Milliarden, bei dem, wie „Die Presse“im Jahr 2012 feststellen musste, für die Beschuldigten die Unschulds- und für das Gericht offenbar die Naivitätsvermutung galt. Lachhafter Unsinn. Zur Erinnerung: Wolfgang Flöttl, erfolgreicher Investor in den Vereinigten Staaten und Sohn eines früheren Bawag-Generaldirektors, hatte von der Bawag viel Geld zwecks spekulativer Vermehrung erhalten. Mit der letzten Tranche, einer Wette auf den Kurs des japanischen Yen, baute Flöttl einen Totalverlust. 1,2 Mrd. Euro von der Gewerkschaftsbank waren weg.
Das heißt: Weg waren sie natürlich nicht. Ein Derivatgeschäft ist eines zwischen zwei Partnern. Das Geld löst sich dabei nicht auf, sondern wandert vom Verlierer zum Gewinner. Also, wo sind die Bawag-Milliarden hin?
Das weiß man nicht, denn Flöttl verantwortete sich erfolgreich damit, dass seine Computerfestplatte den Geist aufgegeben habe – die Transaktion also nicht mehr nachvollziehbar sei. Über einen derartigen Unsinn lachte damals die ganze Finanzwelt. Nur die Bawag-Richterin, die später Justizministerin wurde, nicht: Die wollte gar nicht wissen, was mit den Bawag-Milliarden geschehen war. Ein Antrag des Bawag-Angeklagten Helmut Elsner auf Öffnung der FlöttlKonten und Erstellung eines Forensic Account, mit dessen Hilfe die Geldflüsse nachvollzogen werden könnten, wurde vom Gericht abgelehnt. Noch seltsamer: Auch der damalige Eigentümer der Bawag, der ÖGB, hatte keinerlei Interesse daran, den Weg seiner verlorenen Milliarden zu rekonstruieren.
Was bleibt, ist ein ziemlich bitterer Nachgeschmack.