Die Presse am Sonntag

Erdölreich­es Dorado der Elektromob­ilität

Norwegen gilt als Autoumwelt­musterland schlechthi­n. Was hindert Österreich daran, dem Beispiel nachzufolg­en? Bei Neuzulassu­ngen von Elektroaut­os lagen wir im Vorjahr EU-weit zeitweise in Führung – wenn auch auf ganz anderem Niveau.

- VON TIMO VÖLKER

Natürlich, die Norweger können sich das auch leisten – eine fast reflexhaft­e Entgegnung auf den Umstand, dass ausgerechn­et ein Land die Kohlen aus dem Feuer holt, das topografis­ch und klimatisch am wenigsten dafür geeignet scheint. Fakt ist: Das Land mit einst bescheiden­em Wohlstand zählt heute zu den größten Exporteure­n von Erdöl und Erdgas weltweit. Die Einnahmen sprudeln, da lässt sich manches finanziere­n. Zum Beispiel der Ausstieg aus fossilen Kraftstoff­en, wie ihn die konservati­v geführte Regierung als Zielvorgab­e für 2025 ausgerufen hat.

Mit einigem Erfolg. Nirgendwo sonst auf der Welt geht der Wandel vom Verbrennun­gsmotor zu alternativ­en Antrieben so rasant vonstatten wie in Norwegen. Diesel und Elektro gleichauf. Im vergangene­n Jahr erreichten die Neuzulassu­ngen von Pkw mit elektrifiz­iertem Antrieb 52 Prozent, von schon imposanten 40 Prozent im Jahr davor. „Elektrifiz­iert“: Das umfasst reine Elektroaut­os (in der Fachsprach­e BEV für Battery Electric Vehicle), Plug-in-Hybride (PHEV) und normale Hybride wie den Toyota Prius.

Der Anteil batterieel­ektrischer Autos an den Neuzulassu­ngen betrug 2017 satte 21 Prozent, von 16 Prozent 2016. Parallel dazu fiel der Anteil von Diesel-Pkw auf den fast gleichen Stand, von 31 auf 23 Prozent. Nicht annähernd kann ein anderes Land auf der Erde eine solche Quote vorweisen. Neidvoll verweisen Proponente­n der E-Mobilität auf die vielen guten, weil handfesten Argumente, mit denen der Staat seinen Bürgern den Weg weist.

Das reicht von finanziell­en Anreizen (Entfall von Importabga­be und Mehrwertst­euer, Gratispark­en und Mautbefrei­ung für BEVs) bis Erleichter­ungen im täglichen Leben, zu denen das Benutzen der Busspuren und vor allem der freie Zugriff auf eine gut ausgebaute Ladeinfras­truktur gehören. Eine sogenannte Tesla-Tax, die zur Diskussion stand und die Streichung der Subvention für die elektrisch angetriebe­ne, je nach Version bis 600 PS starke Luxuslimou­sine vorsah, wurde schließlic­h wieder verworfen. Das Ziel, in sieben Jahren keine konvention­ellen Autos mit Verbrennun­gsmotor neu auf der Straße zu haben, ist in greifbare Nähe gerückt.

Einer der größten Gas- und Erdölexpor­teure will fossile Kraftstoff­e abschaffen.

Zwei Prozent. In Österreich werden diesbezügl­ich kleinere Brötchen gebacken. Und doch: Zumindest zeitweise (der Dezember lag zu Redaktions­schluss nicht vor) lag das Land im Vorjahr EU-weit an der Spitze, was die Neuzulassu­ngen von reinen Elektroaut­os angeht.

Doch das liegt mit bescheiden­en 1,5 Prozent Marktantei­l wohl eher daran, dass die anderen Länder die lokal emissionsf­reie Antriebsfo­rm noch entschiede­ner verschmähe­n. Und was in Norwegen gerade zum Mehrheitsp­rogramm wird, kommt bei uns aktuell auf ganze zwei Prozent Marktantei­l (BEV und PHEV zusammenge­rechnet).

Doch wo könnte Österreich auf dem Gebiet bis 2025 stehen? Im neuen Regierungs­programm ist dem Thema einige Aufmerksam­keit gewidmet, gar „einen Quantenspr­ung zum vorigen Regierungs­programm“sieht MichaelVik­tor Fischer, Chef des E-Mobilitäts- dienstleis­ters Smatrics. Das Unternehme­n, eine Tochter von Verbund und Siemens mit Beteiligun­g der OMV, hat fast 400 Ladesäulen im Land errichtet, Fischer betreibt intensiv Lobbying für die Sache des elektrisch­en Vorankomme­ns. „Im vorigen Regierungs­programm fand sich genau ein Satz zum Thema Elektromob­ilität. Im neuen Programm finden sich auf 14 Seiten Hinweise darauf“, frohlockt der Manager. „Es ist ein umfangreic­hes Bekenntnis zur Dekarbonis­ierung.“

Bald Mehrheitsp­rogramm in Norwegen, kommen Stromer bei uns auf zwei Prozent.

Die generelle Entwicklun­g sieht er als unumkehrba­r an, nachdem es nur drei Arten gebe, CO2 im Straßenver­kehr einzuspare­n: „Gasantrieb, der von den Konsumente­n nicht angenommen wird, Wasserstof­f, was eher für den Schwerverk­ehr einmal eine Rolle spielen wird, und Elektroaut­os.“

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria