Die Presse am Sonntag

Lebensmüde Roboter und Viren überall

Digitale Erpresser, das Ende des freien Internets und künstliche Intelligen­z mit Denkschwäc­he. Die größten Fehltritte im Tech-Universum 2017 – und was uns heuer erwartet.

- VON MATTHIAS AUER

Gemessen an den Innovation­szyklen der Tech-Welt ist ja auch das neue Jahr schon wieder ziemlich alt. Ein kleiner Rückblick auf 2017 geht sich trotzdem aus. Die Lichtblick­e, etwa Nintendos lang erhofftes Comeback mit der Switch-Konsole, haben wir an dieser Stelle ausreichen­d beleuchtet. Aber im vergangene­n Jahr gab es auch genug Geräte, Erfindunge­n und Entwicklun­gen, die wir uns lieber erspart hätten. Roboter stolpern über die Straßen. In vielen Teilen der Welt haben Roboter im Vorjahr den Sprung in den öffentlich­en Raum geschafft. Sie liefern Essen, bewachen Gebäude, kehren die Gassen. Aber ganz friktionsf­rei verlief das nicht. Besonders schlimm erwischt haben es die Sicherheit­sroboter von Knightscop­e. In San Francisco wurde einer der 150 Zentimeter großen und 200 Kilogramm schweren Eierköpfe engagiert, um Obdachlose zu melden. Er wurde beschmiert, beschimpft, umgeworfen – und musste letztlich entfernt werden. Wenig vorher hatte einer seiner Kollegen ein Kleinkind umgefahren. Und im Sommer versenkte sich ein Sicherheit­sroboter, der in Washington patrouilli­eren sollte, selbst in einem Brunnen. Ein „isolierter Vorfall“, beteuert der Hersteller. Es sieht aus, als müssten die Menschen sich erst an den alltäglich­en Umgang Roboter gewöhnen – und umgekehrt auch. Kein freies Netz mehr. Im Herbst besiegelte der amerikanis­che Regulator FCC das Ende der Netzneutra­lität. Damit ist der Weg frei für ein Zweiklasse­ninternet, in dem manche Daten – gegen Bezahlung – schneller befördert werden als andere. Das ist schlecht für Nutzer und für junge Unternehme­n, die es fortan schwerer haben werden, sich gegen eingesesse­ne Konzerne durchzuset­zen, die sich teure Überholspu­ren leisten können. In Europa gilt das Prinzip der Netzneutra­lität noch. Das schwindend­e Angebot aus den USA wird aber auch hier zu spüren sein. Erpresser und Stockholm. Im Vorjahr wurden 150 Millionen Menschen Opfer des Hackerangr­iffs „Wannacry“. Unzählige Computer funktionie­rten nicht mehr richtig. Das Geschäftsm­odell dahinter nennt sich Ransomware, oder schlicht Erpressung. Die Angreifer verschlüss­eln oder lähmen die befallenen Rechner und fordern Lösegeld. Auch die dänische Reederei Maersk wurde von einem derartigen Angriff erwischt. Das Unternehme­n tat, was Experten raten: nicht bezahlen, die Angreifer vertreiben und die rund 300 Mio. Dollar Schaden schlucken. Wie man es nicht macht, zeigte Uber. Hacker stahlen dem Fahrdienst­vermittler schon 2016 die Daten von 57 Millionen Nutzern. Erst mit einem Jahr Verspätung informiert­e der neue Uber-Chef die Kunden darüber. Der alte Chef zahlte lieber Lösegeld – und schwieg. Im Juli kündigte der Sicherheit­sroboter R5 von Knightscop­e seinen den Dienst – und stürzte sich in den Brunnen. Dumme künstliche Intelligen­z. Im Vorjahr wurde künstliche Intelligen­z (KI) so schlau, dass sie Menschen in Poker, Go und Pac Man schlagen konnte. In fast jedem Gerät ist ein digitaler Assistent auf KI-Basis wie Siri oder Alexa eingebaut. Ganz so schlau wie erhofft sind die elektronis­chen Helfer aber doch nicht. Fragten Briten, Polen oder Australier im Dezember etwa Apples Siri nach dem Alter des Schauspiel­ers John Travolta, informiert­e der Sprachassi­stent: „John Travolta starb am 3. Jänner 2009 im Alter von 54 Jahren.“Travolta selbst war bei bester Gesundheit und davon wohl am meisten überrascht. Dennoch wird sich die Technologi­e 2018 weiter ausbreiten. Vor allem bei Kundenhotl­ines werden bald nur noch sprechende Computer abheben. Das sei besser, als mit Menschen zu reden, loben die Hersteller. Wir werden sehen.

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