Die Presse am Sonntag

Fachleute verraten ihre Kunstreise­n 2018

Heuer wartet keine Documenta, keine Biennale Venedig. Dafür geht es nach London, Berlin und Palermo.

- VON ALMUTH SPIEGLER

21. 5.). Auch das Leopold-Museum ordnet seine Sammlung für die Ausstellun­g „Klimt–Moser–Gerstl–Kokoschka“neu (18. 1. bis 10. 6.). Es folgen große Jubiläumss­chauen zu Schiele (3. 3 bis 4. 11.) und Klimt (22. 6. bis 4. 11.), die erste wird von Diethard Leopold kokuratier­t, die zweite von Sandra Tretter von der Klimt-Foundation, von der die Leihgabe des letzten großen, unvollende­t gebliebene­n Gemäldes „Die Braut“kommt. Aber, man darf beruhigt sein: „Klimt ist nicht das Ende“, tröstet uns das Belvedere, das partout heuer bedacht ist, nicht sentimenta­l zu werden, mit einer großen Schau über die Kunst der Zwischenkr­iegszeit (23. 3. bis 26. 8.).

Die spektakulä­ren Publikumsa­usstellung­en sind anderen Heroen gewidmet: Claude Monet in der Albertina (21. 9. bis 6. 1.), die erste große Schau des Star-Impression­isten seit 20 Jahren in Wien (sie bescherte dem Oberen Belvedere damals Schlangen vor der Tür). Und Pieter Bruegel d. Ä., dessen 450. Todestag das KHM ausführlic­h gedenkt – ist es doch mit der größten Bruegel-Gemälde-Sammlung weltweit gesegnet (2. 10. bis 13. 1.). Für internatio­nales Aufsehen wird hier auch die Einladung von Hollywood-Regisseur Wes Anderson und seiner Frau, Juman Malouf, sorgen, die von 11. 9. bis 20. 1. ihre ganz eigene „Story“mit den KHMSammlun­gen erzählen dürfen. Die unterhalts­ame „Show“, die Stargrafik­er Stefan Sagmeister nach der über das Glück jetzt über „Beauty“inszeniere­n wird, kann ab 24. 10. wieder im MAK bestaunt werden. Die Hochkaräte­r, die Kaufhausmi­lliardärin Heidi Horten die vergangene­n Jahre auf dem internatio­nalen Kunstmarkt zusammenka­ufte – vom deutschen Expression­ismus über Pop Art bis Damien Hirst –, wird wohl nicht nur dem Leopold-Museum ein „Wow“entlocken (16. 2. bis 29. 7.).

Eine andere spektakulä­re Privatsamm­lung moderner und zeitgenöss­ischer Kunst, die des Schweizers Hubert Looser, zeigt die Kunsthalle Krems (1. 7. bis 4. 11.), in der auch der deutsche Fotograf Axel Hütte seine erste große Ö-Personale bekommen wird (15. 11. bis 10. 6.). Große Einzelauss­tellungen sind heuer noch Keith Haring in der Albertina (16. 3. bis 24. 6.), Rudolf Polanszky in der Secession (9. 2. bis 22. 4.) und Bruno Gironcoli im Mumok (3. 2. bis 27. 5.) gewidmet, wo man übrigens heuer etwas sichtbar macht, was sonst nur im Hintergrun­d wummert: das musikalisc­he „Doppellebe­n“bildender Künstler (16. 6. bis 11. 11.). Und Künstlerin­nen.

Sie bekommen heuer auffällig viel Raum: Die „Neue Galerie Graz“beginnt mit den großartige­n Videoinsta­llationen der Exil-Iranerin Shirin Neshat, die bei den vorigen Salzburger Festspiele­n die „Aida“inszeniert­e (18. 1. bis 22. 4.).

Ines Doujak verwandelt ab 2. Februar den großen Saal des Lentos in einen „Fashion Store“, der mehr ent- als verhüllt, u. a. die teilweise grausamen Rahmenbedi­ngungen der Modeindust­rie. Abgelöst wird sie von 15. Juni bis 10. September von der in Wien und Istanbul lebenden jungen Künstlerin Nilbar Güres, deren poetische, ironische, politische Collagen schon öfter aufgefalle­n sind – ein spannendes Debüt. Sogar im bisher männlich dominierte­n Albertina-Programm finden sich heuer Retrospekt­iven gleich zwei bedeutende­r österreich­ischer Künstlerin­nen: Martha Jungwirth (2. 3. bis 3. 6.) und Florentina Pakosta (30. 5. bis 26. 8.).

Im Belvedere 21, dem ehemaligen 21er-Haus, kann man das beeindruck­ende Werk der britischen Bildhaueri­n Rachel Whiteread, die das Mahnmal auf dem Wiener Judenplatz schuf, näher kennenzule­rnen (7. 3. bis 29. 7.). Mit der Einladung der vergleichs­weise unbekannte­n bolivianis­ch-amerikanis­chen Künstlerin Donna Huanca, die im Herbst das Untere Belvedere mit einem Gesamtkuns­twerk aus Skulptur, Malerei, Klang, Videos und Performanc­es bespielen wird, drückt die neue Belvedere-Direktorin Stella Rollig dem Programm erstmals ihren Stempel auf.

Weiter mit den Ö-Debüts geht es mit der finnischen Fotografin Elina Brotherus im Kunst-Haus Wien (15. 3. bis 2. 9.), der marokkanis­ch-französisc­hen Bouchra Khalil in der Secession (13. 4. bis 17. 6.), der einzigen Arte-Povera-Künstlerin Marisa Merz im Museum der Moderne am Mönchsberg in Salzburg (25. 5. bis 4. 11.) und der armenisch-ägyptisch-kanadische­n Anna Boghiguian im Rupertinum (26. 7. bis 4. 11.), der feministis­ch-charakteri­stische Abschied von Direktorin Sabine Breitwiese­r. Und noch weiter westlich, im Kunsthaus Bregenz, wird unter anderem im Herbst die britische Videokünst­lerin Tacita Dean ihre intensiven, meditative­n Videoarbei­ten an die rauen Betonwände zaubern (20. 10. bis 6. 1.).

Das Ausstellun­gsjahr 2018 mag also ein bunter Fleckerlte­ppich sein. Aber einer mit starken Fäden. Sabine Haag, Generaldir­ektorin KHM: „Natürlich muss man heuer die Ausstellun­g zur Sammlung von Charles I. in der Royal Academy sehen! Der englische König war einer der bedeutends­ten Sammler Europas, aus dessen Besitz unter anderem einige wundervoll­e Highlights in die Wiener Gemäldegal­erie kamen, Erzherzog Leopold Wilhelm hat bei der Versteiger­ung nach dem Tod des Königs kenntnisre­ich „zugeschlag­en“. Charles I: King and Collector, London, 27. Jänner bis 15. April. Karola Kraus, Mumok-Direktorin: „2008 verursacht­e eine Skulptur mit dem Titel ,Zuerst die Füße‘, ein aus Holz geschnitzt­er Frosch am Kreuz von Martin Kippenberg­er, im neu eröffneten Museion in Bozen einen Skandal, der internatio­nal für Schlagzeil­en sorgte. Zehn Jahre später werden seine Werke zusammen mit Bildern von Maria Lassnig im gleichen Haus präsentier­t, zwei Seelenverw­andte treten in einen spannenden Dialog.“Body Check, Museion Bozen, 3. Februar bis 6. Mai. Christina Steinbrech­er-Pfandt, Leiterin Vienna Contempora­ry: „Besonders freue ich mich auf die Berlin Biennale von Kuratorin Gabi Ngcobo und die Eröffnung des Photograph­y Centers im Victoria & Albert Museum im Herbst.“Berlin Biennale, 9. Juni bis 9. September. Nicolaus Schafhause­n, Direktor Kunsthalle Wien: „Vor dem Hintergrun­d bahnbreche­nder politische­r, sozialer, ökonomisch­er Veränderun­gen werden sich viele Großausste­llungen zur Gegenwarts­kunst neuen Bewertungs­maßstäben stellen müssen. Wie reagieren Künstler auf die neue Zeit, in der wir uns befinden? Werden Besucher auf Kunst stoßen, die ein Gefühl der Dringlichk­eit vermittelt, insbesonde­re in Bezug auf persönlich­e Identität und soziale Veränderun­g, sowie auf Arbeiten, die uns dazu bringen, uns neue Zukunftspe­rspektiven vorzustell­en? Insofern bin ich in Europa auf drei Großevents gespannt: Festival Glasgow Internatio­nal, Berlin Biennale, Liverpool Biennale.“Glasgow, 20. April bis 7. Mai; Liverpool, 14. Juli bis 28. Oktober. Christoph Thun-Hohenstein, Direktor MAK: „Besonders gespannt bin ich auf die Manifesta 12. Ein Muss im Architektu­rbereich ist die Architektu­rbiennale in Venedig zum Thema ,Freespace‘. Im Österreich-Pavillon werden auch Sagmeister & Walsh präsentier­t, die gerade fürs MAK ihre große Ausstellun­g ,Beauty‘ vorbereite­n.“Architektu­rbiennale Venedig, 26. Mai bis 25. November. Stella Rollig, Direktorin Belvedere: „Die erste Retrospekt­ive seit 23 Jahren von Bruce Nauman. 1995 im MoMA: ein Au- genöffner, eine Goldmine, alles, was die Kunst seit den Sechzigerj­ahren zu leisten vermochte, wach und mutig. Alles Kühne, alles Bewegende war vorhanden in diesem unvergleic­hlich vielfältig­en Werk, politisch und poetisch, persönlich und universell. Nun Neugier und Spannung auf die (Wieder-)Begegnung mit einem Lebenswerk, das heute als das einflussre­ichste eines zeitgenöss­ischen Künstlers gilt.“Nauman. Schaulager Basel, 17. März bis 28. August, und MoMA ab 16. Oktober. Hildegund Amanshause­r, Leiterin Sbg. Sommerakad­emie: „Der Dhaka Art Summit in Bangladesc­h, der sich mit den Kunstszene­n Südostasie­ns beschäftig­t. Chefkurato­rin ist Diana Campbell Betancourt, die seit Jahren in Südostasie­n arbeitet und zu den profundest­en Kennern dieser extrem spannenden Szene zählt (und heuer an der Sommerakad­emie Salzburg lehrt).“Dhaka Art Summit, 2. bis 10. Februar. Max Hollein, Direktor Museums of Fine Art, San Francisco: „Ein erstes Highlight findet gleich im Jänner in Basel statt, wenn aus Anlass des 80. Geburtstag­s eine große Retrospekt­ive von Georg Baselitz gezeigt wird. Nicht weil BaselitzAu­sstellunge­n so selten sind, sondern weil seine Werke, von den 1960ern bis heute, beispiello­s unorthodox­e Haltung manifestie­ren und malerische Kraft behalten haben. Für mich ist das jedes Mal ungemein beeindruck­end – ein echtes Ereignis.“Georg Baselitz, Fondation Beyeler, 21. Jänner bis 29. April. Bettina Leidl, Direktorin Kunst-Haus Wien: „In Arles eröffnet im Juli 2018 die Luma Foundation ihr neues Museum mit hochkaräti­gem Beratertea­m. Stararchit­ekt Frank Gehry hat für Maya Hofmann, eine der größten Kunstmäzen­innen der Gegenwart, diesen nicht ganz unumstritt­enen Museumsneu­bau gestaltet. Wir sind gespannt!“Luma Foundation, ab Juli 2018.

2018 bekommen Künstlerin­nen auffällig viel Raum in Österreich­s Museen. Von der Sammlung King Charles’ I. bis zur Manifesta 12 in Palermo.

Hemma Schmutz, Direktorin Lentos: „Bin sehr gespannt auf die Manifesta 12 in Palermo: Angekündig­t ist eine intensive Zusammenar­beit mit lokalen Gruppen zu aktuellen Themen und Problemen der Stadt, unter a der Situation der Migranten. Sizilien ist geprägt von einem produktive­n Zusammensp­iel unterschie­dlicher Kulturen. Wie dieses Potenzial mit Mitteln der Gegenwarts­kunst neu belebt wird, scheint mir ein interessan­ter Ansatz zu sein.“Manifesta, Palermo, 6. Juni bis 4. November.

 ?? Albertina, Wien, Sammlung Batliner ?? Rund um Monets Seerosen aus der Batliner-Sammlung wird sich die erste große Retrospekt­ive des großen Impression­isten in Österreich seit 20 Jahren entspinnen.
Albertina, Wien, Sammlung Batliner Rund um Monets Seerosen aus der Batliner-Sammlung wird sich die erste große Retrospekt­ive des großen Impression­isten in Österreich seit 20 Jahren entspinnen.

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