Die Presse am Sonntag

Die dunkle Seite des Kunstmarkt­es

Die Kunstmarkt­expertin Georgina Adam beleuchtet in ihrem neuen Buch, »Dark Side of the Boom«, anhand vieler konkreter Fälle die unethische­n und illegalen Geschäfte des Kunstmarkt­es.

- AG EK VON EVA KOMAREK

Neben Drogen und Prostituti­on ist der Kunsthande­l der größte unregulier­te Markt der Welt.“Mit diesem Zitat eines Kunsthändl­ers schloss das letzte Kapitel des 2014 erschienen­en Buches „Big Bucks. The Explosion of the Art Market in the 21st Century“der Kunstmarkt­expertin Georgina Adam. Jetzt ist ihr neues Buch, „Dark Side of the Boom“, erschienen, in dem sie dort anknüpft, wo das andere 2014 geendet hat. Diesmal beleuchtet sie im Detail die negativen Seiten des Markts – mit seinen Skandalen, Marktmanip­ulationen, geheimen Machenscha­ften und Geldwäsche.

Sie rollt das Thema anhand konkreter Fälle auf. Gleich zu Beginn steigt sie mit dem Kampf der „Titanen“des Markts ein, dem seit Anfang 2015 laufenden Rechtsstre­it zwischen dem russisch-zypriotisc­hen Oligarchen Dimitri Rybolowlew und dessen Schweizer Kunsthändl­er, Spediteur und Freihafenb­etreiber Yves Bouvier. Bouvier kaufte Kunst im Wert von rund zwei Mrd. Dollar für Rybolowlew ein. Der Schweizer soll dafür zum Teil mehr als überzogene Provisione­n kassiert haben. Die Praktiken erschütter­ten den Markt, denn Bouvier gehört zu den wichtigen Playern auf dem High-End-Markt. Rybolowlew war übrigens der Einbringer des geschichts­trächtigen Werks „Salvator Mundi“von Leonardo da Vinci, das im Vorjahr für 450 Mio. Dollar versteiger­t wurde. Auch hier war laut Adam Bouvier der Händler. Er erstand es für 80 Mio. Dollar in einem Privatverk­auf, der von Sotheby’s abgewickel­t wurde, und verkaufte es 2013 für 127,5 Mio. Dollar an den Russen weiter. Preismanip­ulation. Die Autorin zeigt auch auf, wie Künstlerpr­eise in die Höhe getrieben werden. Darüber spricht beispielsw­eise der Kunsthändl­er, Sammler und Kurator Stefan Simchowitz ganz offen in ihrem Buch. Der Prozess wird Flipping genannt. Dabei werden Werke eines meist jungen Künstlers in rascher Abfolge ver- und wieder gekauft, und so wird der Preis künstlich angekurbel­t. Simchowitz bezeichnet sich dabei selbst als Disruptor des Marktes.

Insgesamt behandelt sie über 45 Rechtsfäll­e in ihrem Buch. Diese Der Chinese Qi Baishi ist in die Liga der 100-Millionen-Dollar-Künstler aufgestieg­en. Ein Satz von zwölf Landschaft­szeichnung­en in Tusche aus dem Jahr 1925 wurde vom Auktionsha­us Poly in Peking für 140,8 Millionen Dollar zugeschlag­en. Das ist der höchste Preis, der jemals für ein chinesisch­es Kunstwerk gezahlt wurde. Nur 15 weitere Arbeiten wurden für mehr als 100 Millionen Dollar verkauft. Bisher hielt Huang Tingjian mit 63,9 Millionen Dollar den Rekord für das teuerste chinesisch­e Bild. Die Londoner Fine Art Group, ein auf die Belehnung von Kunst spezialisi­ertes Unternehme­n, sieht Geschäftsp­otenzial in Asien und will laut Artnet heuer Niederlass­ungen in Shanghai und Hongkong eröffnen. reichen von Copyrightv­erletzunge­n – wie im Fall von Richard Prince und Jeff Koons – über Streitigke­iten in allen Konstellat­ionen zwischen Händlern, Künstlern, Beratern und Sammlern bis zu Beispielen von Fälschunge­n und Authentifi­zierungen. Bei Letzterem ist der prominente­ste angeführte Fall das Andy Warhol Art Authentica­tion Board, das letztlich aufgrund der hohen Prozesskos­ten zusperren musste.

Doch Adam dringt in ihrem Buch auch in die illegalen Ebenen des Marktes vor, auf denen es um Steuerbetr­ug, Geldwäsche, Fälschung und mehr geht. Dazu hat sie mit Rechtsanwä­lten, Steuerbera­tern und sogar FBI-Ermittlern gesprochen.

Vor allem Geldwäsche ist im Zusammenha­ng mit Kunst immer wieder ein Thema. Denn ein Markt, in dem es außer bei offizielle­n Auktionen keine verlässlic­hen Informatio­nen gibt, kann nicht ernsthaft überwacht werden. Zu diesem Resümee kam auch die Schweizer Rechtsanwä­ltin Monika Roth in ihrem Bericht aus dem Jahr 2016. Sie zitiert dort neun Punkte, weshalb laut der Koordinati­onsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäsche­rei- und Terrorismu­sfinanzier­ungsrisike­n (KGGT) in der Schweiz sich gerade Kunst für Geldwäsche besonders eignet: „Der Kunstmarkt ist sehr diskret. Die Identifika­tion der Kunstgegen­stände ist schwierig. Aufgrund subjektive­r Einflüsse lässt sich der Wert nur schwer bestimmen. Es sind erhebliche Summen im Spiel. Geldwäsche­rei beeinfluss­t den Liest sich wie ein Krimi, basiert aber auf Fakten – das neue Buch von Georgina Adam. Wert der Gegenständ­e, wodurch es zu Marktmanip­ulationen kommt. Steuerbetr­ug ist in diesem Bereich gang und gäbe. Die Transaktio­nen lassen sich heimlich abwickeln. Die Geschäftsp­artner können anonym oder virtuell bleiben. Auktionen lassen sich leicht manipulier­en.“

Das bekanntest­e Beispiel dafür, dass Kunst auch für Drogenhänd­ler attraktiv ist, bildet Pablo Escobar, einer der berühmtest­en Drug Lords, die es je gegeben hat. Er hatte eine bedeutende Kunstsamml­ung. Als er auf der Flucht war, versuchten seine Familie und seine Banker unter anderem, auch die Sammlung zu verkaufen.

Dass gerade im Kunsthande­l die Zahl der Geldwäsche­fälle zuletzt gestiegen ist, bringt Roth auch damit in Zusammenha­ng, dass der Finanzbere­ich jetzt viel stärker reguliert und kontrollie­rt wird als noch vor zehn Jahren und deshalb Ausweichmä­rkte gefunden werden müssen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria