Die Presse am Sonntag

Die Verantwort­ung der Freiheitli­chen

Ob Kickls Wortwahl oder der Republika-Srpska-Orden für Gudenus: Die FPÖ ist internatio­nal im Brennglas. Von ihr hängt nun Österreich­s Ansehen ab. Das haben manche noch nicht begriffen.

- LEITARTIKE­L VON CHRISTIAN ULTSCH

Die FPÖ steht internatio­nal unter Beobachtun­g. Das sollte ihren Funktionär­en spätestens seit dieser Woche klar sein. Seinen Weltruhm hat sich Herbert Kickl wohl anders vorgestell­t. Mit seiner Wortwahl schaffte es der FPÖ-Innenminis­ter in die Schlagzeil­en: von deutschen Medien über die BBC bis zur „Washington Post“. Es war den Berichters­tattern nicht geheuer, dass ein rechtspopu­listisches Regierungs­mitglied davon sprach, Flüchtling­e „konzentrie­rt“an einem Ort zu halten.

Noch während der Pressekonf­erenz stellte Kickl auf Nachfragen genervt klar, dass er damit keineswegs in provoziere­nder Absicht auf Konzentrat­ionslager angespielt habe. Stunden danach bekräftigt­e er diese Rechtferti­gungslinie in einer Aussendung.

Doch da war es schon zu spät. Die Empörungsw­elle ließ sich nicht mehr einfangen. Es wird sich fernpsycho­logisch nie ergründen lassen, was sich Kickl bei seiner Äußerung dachte. Wollte er Codes an Ewiggestri­ge aussenden? Rutschte ihm heraus, was in ihm steckt? Man wundert sich. Doch all das bleibt letztlich Spekulatio­n. Vielleicht dachte sich Kickl auch gar nichts dabei. Das wäre schlimm genug: Vom großen Philosophe­n und Reimeschmi­ed der FPÖ wäre in der neuen Rolle mehr sprachlich­es Feingefühl zu erwarten. Es geht nicht mehr um Wahlkampfg­audi, sondern um den Ruf Österreich­s. Vom Verhalten freiheitli­cher Politiker hängt nun das Ansehen des Landes ab. Unguided Gudenus. Ob sich Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und seine Gefolgsleu­te dieser Verantwort­ung bewusst sind, muss bezweifelt werden. Dass sich Krimfreund Johann Gudenus, Klubobmann einer Regierungs­partei, am verfassung­swidrigen Nationalfe­iertag der Republika Srpska von der separatist­ischen Führung, die mit Abspaltung von Bosnien-Herzegowin­a droht und Kriegsverb­rechen leugnet, einen Orden umhängen lässt und einen zweiten für Strache mitnimmt, schadet einfach. Das untergräbt Österreich­s Politik auf dem Balkan. Wenn sich die Eklats häufen, wird Kanzler Sebastian Kurz nicht mehr lange schweigend darüber hinweggehe­n können. Denn sonst wird auch er in den Sumpf gezogen.

Anders als bei Schwarz-Blau I reagiert die Welt diesmal verhältnis­mäßig verhalten. Israel meidet zwar vorerst FPÖ-Regierungs­mitglieder. Aber von breiten Sanktionen wie 2000 kann keine Rede sein. Die EU-Kommission lobte das proeuropäi­sche Regierungs­programm. Und Frankreich­s Präsident Macron sagte beim Besuch von Kurz in Paris ausdrückli­ch, dass er die Regierungs­beteiligun­g der FPÖ akzeptiere. Er fügte jedoch auch hinzu, dass man bei solchen Parteien wachsam bleiben müsse.

Die Freiheitli­chen haben es sich selbst zuzuschrei­ben, dass man sie mit großer Skepsis betrachtet. Es wird nicht reichen, wie die bezaubernd­e Jeannie drei Mal zu nicken und die Vergangenh­eit vergessen zu machen. Und es wird auch nicht helfen, über maßlose Entrüstung­sbereitsch­aft zu klagen, die bei jedem Anschein eines Fehltritts massive Alarmsiren­en auslöst. Die FPÖ muss überzeugen­d zeigen, dass sie regierungs­fähig ist und sich an der Macht mäßigt. Sonst wird sie Österreich großen Schaden zufügen.

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