Die Presse am Sonntag

Zeman muss in Stichwahl gegen Chemieprof­essor

Tschechien. Amtsinhabe­r Miloˇs Zeman führt in Runde eins der Präsidente­nwahl, doch hat Rivale Jiˇr´ıDrahoˇs noch gute Chancen.

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PrŻg. Die erste Runde der tschechisc­hen Präsidents­chaftswahl am Freitag und Samstag hat das erwartete Ergebnis gebracht: Amtsinhabe­r Milosˇ Zeman entschied das Rennen nach Auszählung von 99 Prozent der Wahlkreise mit 38,8 Prozent für sich. Er muss aber in zwei Wochen in die Stichwahl gegen den früheren Chef der Akademie der Wissenscha­ften, Jiˇr´ı Drahos.ˇ Auf den 68-jährigen parteilose­n Chemieprof­essor entfielen in der ersten Runde immerhin 26,5 Prozent der Stimmen.

Die anderen Bewerber endeten abgeschlag­en, darunter Ex-Premier Mirek Topolanek.´ Die Wahlbeteil­igung bei den rund 8,4 Millionen Wahlberech­tigten lag bei etwa 62 Prozent. Insgesamt neun Kandidaten bewarben sich um das Amt, das in erster Linie repräsenta­tiven Charakter hat. Traditions­gemäß gilt der tschechisc­he Präsident aber als eine besondere moralische Autorität.

Zeman (73) hat das EU- und NatoLand in seiner ersten Amtszeit seit 2013 polarisier­t und stückweise in Richtung Osten geführt. Ihm waren Begegnunge­n mit den Führern in Moskau und Peking sehr wichtig. Zeman verwandel- te sich vom EU-Anhänger zum massiven Kritiker der Union. An der Seite der anderen Visegradst­aaten´ Polen, Ungarn und der Slowakei richtete er Tschechien zudem klar gegen die Zuwanderun­gspolitik Brüssels und Berlins aus.

Zemans Gegenkandi­dat Drahosˇ präsentier­te sich als kompletter Gegenentwu­rf: Er wolle das Land anders als Zeman „einen“. Drahosˇ sprach sich für eine „wieder deutliche Westausric­htung“aus. Das jetzige Wahlergebn­is sei „hoffnungsv­oll“. Auch ein Sprecher Zemans zeigte sich „hoch erfreut“über den Ausgang der ersten Runde. Man werde wohl die Stichwahl gewinnen.

Laut Umfrage des Fernsehsen­ders CˇT lobten die Wähler vor allem Zemans Einsatz für die Interessen des Landes und seine „starke Persönlich­keit“. Für Drahosˇ spreche vor allem dessen Würde und hohe Bildung. Trotz des klaren Sieges von Zeman jetzt ist freilich eine Umkehr des Ergebnisse­s bei der Stichwahl absolut nicht ausgeschlo­ssen: Mehrere unterlegen­e Kandidaten hatten angekündig­t, sie würden ihren Wählern empfehlen, nunmehr für Professor Drahosˇ zu stimmen.

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