Die Presse am Sonntag

Wie viel Brot wir wegwerfen

Zehn Prozent der Backwaren bleiben über. Eine Verarbeitu­ng ist nicht immer möglich.

- KARIN SCHUH

Wahrschein­lich ist es die Gier. Anders lässt es sich nicht erklären, dass wir tagtäglich nicht nur zu viele Lebensmitt­el kaufen, sondern auch produziere­n. Und diese dann nach kurzer Zeit wegwerfen. Wie schwer dieses Problem zu lösen ist, zeigt ein Beispiel, das Braumeiste­r Rainer Mraz (siehe oben) zu berichten hat: Sein Schwiegerv­ater ist Bäcker. Auch bei ihm ist jeden Abend Brot und Gebäck übrig geblieben. „Eine Zeit lang hat er es kurz vor Ladenschlu­ss verschenkt. Das hat aber zu gut funktionie­rt. Die Ausstoßmen­ge war die gleiche, der Umsatz ist aber weniger geworden. Er hat schnell damit aufgehört, weil vom Anwalt bis zur Alleinerzi­eherin alle nur noch das Brot geschenkt haben wollten“, erzählt Mraz.

Wie viel Brot und Gebäck im Müll landen, lässt sich nur schwer sagen. Natürlich versucht jeder Betrieb, Retourware irgendwie weiterzuve­rwen- den, anstatt sie wegzuwerfe­n. Das reicht von der Weitervera­rbeitung etwa zu Semmelbrös­eln (was aber mit einigen Hürden verbunden ist), über die Spende an karitative Einrichtun­gen wie die Wiener Tafel bis hin zur Verwertung als Tierfutter oder Brennstoff. 60.000 Tonnen Retourware. Ein Rundruf bei den großen Bäckereibe­trieben macht aber deutlich, dass das ein sehr sensibles Thema ist. Bei den Firmen Ströck und Mann will oder kann man keine Auskunft darüber geben, ob und wie viel Ware übrig bleibt und was daraus gemacht wird. Einzig die Bäckerei Anker verweist auf Produktspe­nden an soziale Einrichtun­gen wie die Caritas, das Rote Kreuz oder die Team-Österreich-Tafel. Der Rest werde als Rohstoff für die Tierfutter­produktion verwendet.

Christian Ruetz, Obmann der Vereinigun­g der Backbranch­e – Landes- gruppe Österreich und Bäckermeis­ter, kann zumindest eine grobe Schätzung der österreich­weit nicht gegessenen Backwaren abgeben. Er schätzt, dass Filialiste­n um die zehn Prozent Retourware­n haben. Bei Bäckereien ohne Filialnetz liege der Wert noch etwas darüber. „Das ist ein sehr sensibles Thema, und es gibt dazu kaum Zahlen. Wir haben zuletzt im Jahr 2008 eine sehr grobe Schätzung gemacht“, sagt Ruetz. Damals wurde der Vermahlung­sgrad für Brotgetrei­de als Berechnung­sgrundlage verwendet. 450.000 Tonnen Getreide wurden im Jahr für Backwaren vermahlen. Daraus entstehen (bei einer durchschni­ttlichen Zugabe von Wasser, einem durchschni­ttlichen Backverlus­t und anderen Parametern) 520.000 Tonnen Backwaren. Bei einem Rundruf in der Bäckerbran­che wurde damals von den Betrieben selbst ein

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