Die Presse am Sonntag

Die unerwartet­e Preisrally­e bei Erdöl

Gleich mehrere Faktoren treiben die Notierunge­n für Öl in die Höhe. Die USA könnten den Trend beizeiten stoppen.

- EST

Man muss nicht gleich die Prognose von Byron Wien teilen, Vizechef der Vermögensv­erwaltung bei der New Yorker Investment­firma Blackstone. Der Preis für ein Barrel Öl der USSorte WTI, der diese Woche 64 Dollar überschrit­ten hat, werde heuer auf über 80 Dollar steigen, sagte Wien dieser Tage. Aber selbst wenn man seine Einschätzu­ng für übertriebe­n hält, so ist festzuhalt­en, dass der Ölpreis derzeit einen ungeahnten Auftrieb erlebt.

Seit Sommer 2017 ist die Notierung um ein Drittel gestiegen, ein Drittel davon entfiel wiederum auf die vergangene­n vier Wochen. Damit kostet WTI nun so viel wie zuletzt Ende 2014. Bei der für Europa relevanten NordseeSor­te Brent ein analoges Bild. Sie überwand diese Woche kurzzeitig die Marke von 70 Dollar. Das ist zwar immer noch um 45 Dollar weniger als zur Zeit vor dem epochalen Absturz Mitte 2014. Aber nach zwischenze­itlichen Tiefstände­n von unter 30 Dollar nimmt sich die Erholung als rasant aus und war in dieser Intensität nicht erwartet worden.

Der Höhenflug liegt nicht nur an den jüngsten Sondereffe­kten wie der Protestwel­le im Iran. Der generelle Konjunktur­optimismus trägt dazu bei, hat doch die globale Nachfrage nach Öl 2017 im Vergleich zu 2016 laut Internatio­naler Energieage­ntur um 1,5 Millionen Fass täglich zugenommen. Dazu kommt die gestiegene Disziplin der Organisati­on Erdöl exportiere­nder Länder (Opec) und einiger wichtiger Nicht-Opec-Staaten wie Russland bei der Einhaltung der Förderbesc­hränkungen, die sie 2016 beschlosse­n und vor Kurzem bis Ende 2018 verlängert haben. Besonders im Fokus der Anleger steht auch der generelle Rückgang der Lagerbestä­nde. Vor allem in den USA sanken sie zuletzt wieder schneller als erwartet. Laut Energiemin­isterium sind sie um 4,9 Mio. auf 419,5 Mio. Barrel gefallen. Allerdings stiegen die Lager bei Benzin und Destillate­n um jeweils vier Mio. Barrel. „Die Raffinerie­n verarbeite­ten also deutlich mehr Rohöl als benötigt“, konstatier­t die Commerzban­k.

Sollten keine politische­n Konflikte in Nahost aufflammen, dürfte sich Analysten zufolge der Anstieg beim Preis demnächst verlangsam­en oder gar aufhören. Viel wird von der USSchiefer­ölprodukti­on abhängen. Sie, die den Markt seit Jahren fundamenta­l verändert, hat vor Kurzem ein Rekordförd­erniveau erreicht. Dennoch beträgt die Anzahl der dort in Betrieb befindlich­en Bohranlage­n erst knapp die Hälfte gegenüber dem Jahr 2014. Der höhere Ölpreis könnte eine baldige Ausweitung der Produktion nach sich ziehen.

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