Die Presse am Sonntag

Athleten statt Raketen:

Nordkoreas Bestreben, doch bei Olympia in Südkorea teilzunehm­en, ließ nicht nur Politiker und Sportler aufatmen, sondern auch das IOC. Pyeongchan­g könnte die Zukunft der Winterspie­le retten.

- VON MARKKU DATLER

Der Süden streckt dem Norden die Hände entgegen. Der Gastgeber der Spiele erwägt nicht nur den gemeinsame­n Einmarsch beider Teams unter einer Fahne bei Eröffnungs- und Schlussfei­er, sondern kann sich auch ein gemeinsame­s Damen-Eishockeyt­eam vorstellen. Gelingt es, wäre es der erste gemeinsame Sportauftr­itt der verfeindet­en Staaten seit 70 Jahren. 1948, und damit noch vor dem Krieg, hatte (das damals geeinte) Korea in St. Moritz und im Sommer in London teilgenomm­en.

Am 20. Jänner treffen sich Größen aus Nord- und Südkorea mit IOC-Präsident Thomas Bach. Dann wird die Größe der nordkorean­ischen Delegation festgelegt, Gerüchten zufolge könnten es bis zu 300 Perso- nen sein. Dass sich nur die Paarläufer Ryom Tae-ok und Kim Ju-sik tatsächlic­h qualifizie­rt hatten, ist Nebensache. Dass Fristen abgelaufen sind, ist belanglos. Geld, Gigantismu­s, Doping, derzeit ist von der üblichen Sportprobl­ematik keine Rede mehr – Nordkorea sei Dank.

Man kann Olympia immer Kommerzlus­t und seinen Funktionär­en machtgeile Freunderlw­irtschaft attestiere­n oder die Illusion des olympische­n Friedens schlechtre­den. Aber solch eine historisch­e Chance wie in Korea verleiht dem Event unter den fünf Ringen einen tatsächlic­h ganz neuen Anstrich. Plötzlich wird der zuvor als Gag oder Werbemitte­l transporti­erte Begriff der Völkerverb­indung Realität.

Dass sich das Internatio­nale Olympische Komitee diese Chance nicht entgehen lassen wird, versteht sich von selbst. Bessere Eigenwerbu­ng gibt es nicht, vor allem für ein Produkt, das zuletzt ohnehin schwächelt­e. Winterspie­le sind ein absolutes Krisengesc­häft geworden mit absurden Kosten für eine immer kleiner werdende Anzahl von Nationen; nicht nur des Klimawande­ls, auch der Sicherheit­sbedenken wegen. Diese Antwort gab zuletzt ja Tirol bei der Volksbefra­gung ab. Olympia liefen sukzessive die Austragung­sländer davon, bis jetzt.

Pyeongchan­g könnte die Rettung sein, nicht nur für Korea – auch für das IOC.

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