Der vergessene Thrillermeister
Seit vier Jahrzehnten schreibt Autor Gerald Seymour gewichtige Politthriller. Mit »Vagabond« wird der Brite nach 20 Jahren Abstinenz nun endlich auch wieder ins Deutsche übersetzt.
Der britische Autor Gerald Seymour ist ein Meister des politischen Thrillers. Seit vier Jahrzehnten schreibt der 76-Jährige nahezu im Jahrestakt ein gewichtiges Buch nach dem anderen. Seymour blickt überall dorthin, wo niemand hinsehen will. Dorthin, wo es wehtut. Mit Vorliebe auf Krisenherde, die niemanden interessieren, sobald sie aus den Schlagzeilen verschwunden sind: Afghanistan, Iran, Irak, Syrien. Er porträtiert Menschen, die unter die Räder geraten. Denn im globalen Spiel der Politik gibt es nur Verlierer, so die Erkenntnis des Autors.
Seymours Figuren haben oft Schuld auf sich geladen und schwer mit dieser Last zu leben. Sie sind keine guten, aber auch keine schlechten Menschen – zermahlen, missbraucht und ausgespuckt von Behörden und Geheimdiensten. Der Thrillerautor zeigt die Welt in all ihren unerbittlichen Grautönen. Meist weiß man von Beginn an, dass seine Geschichten nicht gut ausgehen können, für keinen der Beteiligten. Wer überlebt, wird tiefe seelische Schäden erleiden. Agenten sind stets entbehrlich, Verräter werden gebraucht und wieder fallen gelassen. Menschenleben sind egal, sie zählen nicht. Dennoch sind seine Bücher niemals trostlos, sondern zutiefst humanistisch.
Dennoch ist der Autor in Vergessenheit geraten, zumindest im deutschsprachigen Raum. Denn Seymours Bücher wurden unverständlicherweise seit fast 20 Jahren nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Erst jetzt hat Thomas Wörtche, ausgewiesener Experte für Kriminalliteratur, offenbar den Suhrkamp-Verlag überzeugen können, diesem außergewöhnlichen Autor Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Rückkehr nach Nordirland. Der nun publizierte Nordirland-Thriller „Vagabond“weist jedenfalls alle oben beschriebenen Vorzüge auf und steht somit exemplarisch für Seymours Werk. Der Autor lässt diesmal einen ehemaligen britischen MI-5-Agenten für eine letzte Mission zurückkehren. Einst führte dieser Agent mit dem titelgebenden Decknamen „Vagabond“skrupellos Operationen gegen die IRA durch,