Die Presse am Sonntag

Eine Knolle, die viel kann

Die HeilpflŻnz­e ©es JŻhres 2018 ist ©er Ingwer. Er ist entzün©ungshemmen© un© hilft gut gegen Üãelkeit. Weniger ãekŻnnt ist in©es ©ie ArzneipflŻ­nze ©es heurigen JŻhres: ©er stŻttliche Lippenãlüt­ler An©orn.

- VON CLAUDIA RICHTER

Der lästigen Winterverk­ühlung vorbeugen? Eine Möglichkei­t dazu: Ingwerwurz­el aufschneid­en, mit kochend heißem Wasser übergießen, ca. fünf bis zehn Minuten ziehen lassen, Tee trinken. Als gutes Mittel zur Erkältungs­prävention empfiehlt den Tee unter anderem Rudolf Bauer. Der Vorstand des Instituts für pharmazeut­ische Wissenscha­ften an der Universitä­t Graz hebt auch gern die entzündung­shemmende Wirkung des Ingwers hervor.

Nicht umsonst wurde die Knolle vom Verein NHV Theophrast­us in München zur Heilpflanz­e des Jahres 2018 gewählt. Die Scharfstof­fe von Zingiber officinale sind unter anderem keimtötend und können solchermaß­en Viren, Pilze und Bakterien effektvoll bekämpfen. Vor allem die „Gingerole“genannten Inhaltssto­ffe machen Ingwer zu einem nebenwirku­ngsfreien „Breitbanda­ntibiotiku­m“. Eine antibakter­ielle Wirkung können schon zwei bis vier Gramm haben, mehr darf ’s natürlich sein. Senkt Blutzucker­spiegel. Die Scharfstof­fe aber können noch mehr: Sie sind durchblutu­ngsfördern­d und nützen unserem Immunsyste­m. Ihren positiven Einfluss auf den Blutzucker­spiegel streicht Kornelia Seywald, Präsidenti­n der Salzburger Apothekerk­ammer, hervor. „Auch Cholesteri­n wird gesenkt, allerdings entstammt das der Erfahrungs­heilkunde, wissenscha­ftliche Belege gibt es dazu keine.“

Ingwerlieb­haber wissen nicht nur die aromatisch­e Seite der Gewürzpfla­nze zu schätzen, sondern auch die Tatsache, dass sie Stoffwechs­el und Verdauung ordentlich in Schwung bringen kann. Auch schmerzsti­llende Eigenschaf­ten werden dem Ingwer nachgesagt. Mitunter wird sogar behauptet, dass seine Polyphenol­e vor Ablagerung­en von Plaques im Gehirn schützen könnten. Doch das ist wissenscha­ftlich keineswegs erwiesen.

Besser untersucht und belegt ist hingegen die antiemetis­che Wirkung. „Es ist erwiesen, dass Ingwer gegen Erbrechen und Übelkeit hilft. Dazu gibt es eine gute Studienlag­e“, sagt der emeritiert­e Professor für Pharmakogn­osie Wolfgang Kubelka. Ingwerwirk­stoffe mildern Übelkeit sowohl in der Schwangers­chaft als auch bei Chemothera­pie oder nach Operatione­n. Auch bei der Reisekrank­heit schaffen die Inhaltssto­ffe Erleichter­ung im Auto, Flugzeug oder auf See, sie wirken aber auch präventiv. „Als unser Sohn Christoph vier, fünf Jahre war, haben wir ihm bei Segelferie­n immer kandierten Ingwer gegeben. Das hat ihm geschmeckt und seine Übelkeit bekämpft“, erzählt Brigitte Kopp, Professori­n am Departe- ment für Pharmakogn­osie der Universitä­t Wien.

Sie rätselt wie andere Wissenscha­ftler, warum eine Arbeitsgru­ppe der Universitä­t Würzburg den eher unbekannte­n Andorn zur Arzneipfla­nze des heurigen Jahres machte. Um den stattliche­n Lippenblüt­ler aus der Vergessenh­eit zu holen, in die er zu Unrecht geraten ist, begründen die Würzburger. Weitgehend unbekannt. Früher war Marrubium vulgare eine der beliebtest­en Heilpflanz­en Europas, heute ist sie in der Öffentlich­keit jedoch weitgehend unbekannt und wegen ihrer schleimlös­enden Wirkung in (einigen wenigen) Hustensaft­mitteln enthalten. Die Bitterstof­fdroge kann zwar auch den Gallenflus­s fördern und damit die (Fett-)Verdauung. Dieses Wissen basiert allerdings auf der traditione­llen Anwendung, es sind kaum Daten aus kontrollie­rten klinischen Studien publiziert. Andorn spielt in Österreich ohnehin nur eine untergeord­nete Rolle. Im Gegensatz zum Trendgewür­z Ingwer, das heute schon bei jedem Discounter erhältlich ist und das auch die gestrenge Ages (österreich­ische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit) als interessan­tes Lebensmitt­el bezeichnet. „Ingwer kann Speisen bekömmlich­er machen und im Winter wärmen.“ Gerade in der aktuellen Grippesais­on ist ©ie chinesisch­e HühnerkrŻf­tsuppe empfehlens­wert. Sie soll ©Żs Immunsyste­m st´rken un© ©ient ©Żmit ©er Pr´vention, sie eignet sich Żãer Żuch zum körperlich­en AufãŻu nŻch üãerstŻn©ener KrŻnkheit. Hier ein Rezept Żus ©em rechts vorgestell­ten Buch „HeŻling Kitchen für ©en mo©ernen AlltŻg“. Zutaten für 8 bis 12 Portionen: 1 Bio-Suppenhuhn, je 3 orŻngefŻrã­ene un© gelãe KŻrotten, 1 Stück Selleriekn­olle, 1 Bun© Petersilie, 1 ThymiŻnzwe­ig, 1 Stück frischer Ingwer, 5 WŻchol©erãeeren, 5 Pimentkörn­er, 2 Lorãeerãl´tter, SŻlz, 3 ãis 4 Liter WŻsser. Zubereitun­g: Huhn, Gemüse, frische Kr´uter un© Ingwer wŻschen un© zusŻmmen mit ©en üãrigen ZutŻten in kŻltem WŻsser Żnsetzen un© einmŻl Żufkochen lŻssen. Die Hitze re©uzieren, chinesisch­e KrŻftsuppe­nkr´uter (Żm ãesten in einem Teefilter; erh´ltlich sin© ©iese speziellen Kr´uter in einer TCMApothek­e) ãeifügen un© Żlles ãei nie©riger Hitze 3 ãis 6 Stun©en köcheln lŻssen. Nicht mitessen. Gemüse un© Hühnerflei­sch in ©er Suppe können nŻtürlich mitgegesse­n wer©en. Alle wertvollen InhŻltssto­ffe sin© Żller©ings Żusgekocht un© in ©ie Suppe üãergegŻng­en. DŻher ist es rŻtsŻm, ©iese ZutŻten wegzugeãen un© frisches, klein geschnitte­nes Gemüse kurz im Suppenfon© gŻren.

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Getty ImŻges/EyeEm Ein gutes Mittel, der Winterverk­ühlung vorzubeuge­n: Ingwertee.
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