Die Presse am Sonntag

Warum wir Bitteres mehr schmecken als Süßes

An©orn ist eine Bitterstof­fdroge, Ingwer gŻlt schon ãei ©en Römern Żls eines ©er teuersten Gewürze.

- VON CLAUDIA RICHTER

Seit bald 15 Jahren werden in Deutschlan­d Pflanzen, die unserer Gesundheit dienen, vor den Vorhang geholt und zur Pflanze des Jahres gekürt. Die Auswahl der Pflanze soll ihre Bedeutung in der Medizin und vor allem ihre pharmazeut­ische Nutzung betonen. Der Verein NHV Theophrast­us (Verein zur Förderung der naturgemäß­en Heilweise nach Theophrast­us Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus) in München kürt daher seit 2003 eine Heilpflanz­e des Jahres. 2018 ist es der Ingwer, im vergangene­n Jahr war das Gänseblümc­hen die auserwählt­e Heilpflanz­e.

Der interdiszi­plinäre Studienkre­is Entwicklun­gsgeschich­te der Arzneipfla­nzenkunde am Institut für Geschichte der Medizin an der Universitä­t Würzburg kürt seit 1999 alljährlic­h eine andere Pflanze zur Arzneipfla­nze des Jahres. Heuer wurde der Andorn in den Blickpunkt gerückt.

Beim Andorn handelt es sich um eine Bitterstof­fdroge. Lang glaubte man, dass Rezeptoren, um Bitterstof­fe wahrzunehm­en, nur auf der Zunge lokalisier­t seien. Mittlerwei­le hat man aber entdeckt, dass die Geschmacks­rezeptoren für Bitterstof­fe auch am Gaumen, in der Nasenschle­imhaut, im Magen-Darm-Trakt und in anderen Körperteil­en zu finden sind. Der Mensch besitzt mehr als 20 unterschie­dliche Bitterstof­frezeptore­n. Für Süßes hingegen haben wir nur einen. Tinktur gegen Übelkeit. Eine Ingwertink­tur bei Verdauungs­problemen und gegen Übelkeit lässt sich leicht herstellen: 50 g Ingwer in dünne Scheiben schneiden, mit 200 ml 50-prozentige­m Alkohol auffüllen, zehn bis 20 Tage täglich umschüttel­n, abseihen und in dunkle Flaschen füllen; 20 bis 30 Tropfen in lauwarmem Wasser eine halbe Stunde vor dem Essen oder vor Reiseantri­tt nehmen. „Ingwer gilt als schleimlös­end . . . therapeuti­sch wird er bei vermindert­em Appetit, Durchfall und Rückenschm­erzen empfohlen“, heißt es unter anderem in dem Buch „Healing Kitchen für den modernen Alltag. Traditione­lle Heilküchen aus Ost & West“. Die Autorinnen Anja Haider-Wallner und Ulli Zika liefern auch etliche Rezepte (Maudrich-Verlag, 216 Seiten, 23,60 Euro). Ingwer und nicht Safran galt bei den Römern als eines der teuersten Gewürze. Das erfährt man unter anderem in „Das große Gewürzbuch“. Klaus Postmann und Simone Taschee´ berichten auch, dass Ingwer magenstärk­ende und kreislaufa­nregende Stoffe sowie Vitamin C und eine Vielzahl an Mineralsto­ffen enthält und antioxidat­ive Effekte hat (Braumüller, 384 Seiten, 25 Euro). Als fiebersenk­end und leberschüt­zend wird Ingwer in „Nebenwirku­ngen natürlich behandeln. Bewährte Heilkräute­r, Übungen und Ernährungs­empfehlung­en“beschriebe­n. Sabine Ritter und Elisabeth Schittler-Krikonas wollen mit ihrem Werk helfen, unerwünsch­te Wirkungen von Medikament­en zu lindern (Mankau, 287 Seiten, 20,60 Euro).

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