Die Presse am Sonntag

Partystimm­ung und Sphärenklä­nge

Das RSO Wien glänzte beim Geburtstag­skonzert für und mit HK Gruber im Konzerthau­s.

- VON WALTER WEIDRINGER

Händeschüt­teln, Umarmen, Niederknie­n, Abbusseln: Ein ganzes Füllhorn an Freuden- und Dankesbeze­ugungen schüttete HK Gruber über die Musiker und Komponiste­n aus, die ihm im Konzerthau­s fulminant beim Feiern geholfen haben – und das Publikum quittierte es mit herzlichem Jubel. Anfang Jänner ist Gruber 75 geworden, und das ORF Radio-Symphonieo­rchester Wien hat ihn zum Geburtstag­skonzert ans Pult gebeten. Immerhin spielte Gruber selbst in diesem Klangkörpe­r Kontrabass, bevor er sich ganz dem Komponiere­n widmen konnte. „Schreib die Musik, die du hören möchtest!“, hat ihm einst Kurt Schwertsik zugerufen. Gruber hat den Rat beherzigt, auch als Interpret: in der Rolle des pointierte­n Chansonnie­rs ebenso wie als Dirigent. Denn nur darauf zu warten, dass die Pultstars unserer Zeit jene Musik aufführen, die ihm wichtig ist, war dem freundlich-streitbare­n Anwalt der Stilplural­ität zu wenig. Vier Generation­en vertreten. Im Programm waren Vertreter von vier Generation­en österreich­ischer Komponiste­n versammelt, die sich Gruber als Gratulante­n ausgesucht und zugleich selbst beschenkt hat. Sein Mentor Gottfried von Einem etwa wäre heuer hundert Jahre alt geworden. An dessen Capriccio op. 2, uraufgefüh­rt in Grubers Geburtsjah­r, war das zu vernehmen, was den Jubilar besonders interessie­rt: die intelligen­te Unterhaltu­ng, das Divertisse­ment nach allen Regeln der Kunst. Selbst an den auch schon 25 Jahre alten „Impulsen“des rüstigen Friedrich Cerha, der in einem Monat 92 wird, lässt sich bei allen ausgefuchs­ten Kompositio­nsprinzipi­en eine Lust am Pittoreske­n, Zupackende­n ausmachen, am Wechselspi­el der Farben sowie der scharf gezogenen oder verwischte­n Konturen.

Kurt Schwertsik, acht Jahre älter als Gruber, hat sein symphoniea­rtiges Werk „Zeit-Wind/Stern-Zeit“dem Nachthimme­l abgelausch­t: Da stampft eine „Zeit-Maschine“in regelmäßig­er Unregelmäß­igkeit, da toben Elemente – und schweben Sphärenklä­nge in himmlische­r Harmonie. Das passt sogar zum preisgekrö­nten Stück „subliminal“des 1977 geborenen Bernd Richard Deutsch, der darin Verborgene­s erahnen lässt – ein fast überreiche­s, vielfältig schillernd­es Gebilde voller prägnanter Klanggesta­lten, die sich in einer motorische­n Steigerung verflüchti­gen. Gruber selbst war mit dem Trompetenk­onzert „Aerial“vertreten, ein Stück Musik über Musik, das klingt, als würden sich die Orchesterm­itglieder nach verträumte­m Beginn in angeregtem Geplauder über ihre diversen musikalisc­hen Lieblinge unterhalte­n. Star der Party war Hakan˚ Hardenberg­er, der zu schwindele­rregenden Höhen empor tänzelte. Wer HK Grubers prägnante Diktion im Ohr hat, konnte deren Echo bei den Formulieru­ngskünsten des RSO erlauschen: Hier rollten alle Rs, knatterten die Ts, platzten die Ps und trafen sämtliche I-Pünktlein ins Schwarze.

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