Meuchelmord und Tiefkühlpizza
Ein Österreich-»Tatort« mit Schrecksekun©en: Regisseur Christopher Schier zieht ©en ZuschŻuer mit ©üsteren Bil©ern in einen verzwickten FŻll. »Ich weiß, ©Żss ich ©Ż weit gegŻngen ãin«, erz´hlt er im Interview.
Die Bilder erinnern an einen Psychothriller. Mit gespreizten Armen und Beinen hängt ein Toter angenagelt an der Mauer einer leer stehenden Wohnung. Der Schock weicht bei den durch den Flur drängelnden Miet-Interessenten, die mit einer Maklerin auf das schaurige Szenario stoßen, allerdings rasch der Neugier – fast im Reflex zücken sie ihre Handys, um ein Foto zu machen . . . Ein Meuchelmord als neuer Auftrag für die Wiener „Tatort“-Ermittler – und ein verzwickter Fall: ein Ritualmord? Ein Sexualdelikt? Oder steckt gar der US-Geheimdienst dahinter? „Die Geschichte ist sehr komplex. Auch für die Kommissare Fellner und Eisner, die zunächst gar nicht wissen, wo man da zugreifen muss, weil die Recherche so mühsam ist“, sagt Regisseur Christopher Schier („Trakehnerblut“) im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“über „Die Faust“.
Bis die beiden den versteckten roten Faden herausfinden, gibt’s jede Menge Zickenkrieg und Zustellpizza. Denn Bibi Fellner (dargestellt von Adele Neuhauser) denkt darüber nach, sich für einen Abteilungsleiterjob zu bewerben – und giftet den Kollegen Steinwendtner (Dominik Maringer) an, der sich auch für den Posten interessiert. „Der passt perfekt ins Bild“, ätzt Fellner: „Keine Ahnung, keine Skrupel, keine Titten.“Der Gefühlshorizont von Fellners Partner Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) mäandert diesmal zwischen Ärger (über ihre Bewerbung) und Angst vor dem Verlassenwerden (wenn sie Abteilungsleiterin wird). „Die beiden benehmen sich wie ein eingespieltes Ehepaar. Und ich setzte da gern noch eins drauf“, sagt Schier, der mit diesem Fall bereits seinen zweiten Österreich-„Tatort“inszeniert: „Das ist ein tolles Team, und es ist für mich ähnlich wie Urlaub mit Freunden: jedes Mal ein neues Abenteuer.“
Diesmal sei es aber vor allem auch eine große Herausforderung gewesen – das lag am Drehbuch von Mischa Zickler. Der ist kein Unbekannter im TVUnterhaltungsbusiness: Er war u. a. Regisseur von „Stermann & Grissemann“und entwickelte für den ORF die Fernsehformate „Taxi Orange“und „Starmania“, bevor er 2004 ins PrivatTV ging, wo er zuletzt als Sat1-Unterhaltungschef fungierte. Zickler habe „eine sehr dichte Geschichte“geschrieben, sagt Schier, der die teils recht brutalen Szenen als veritable Schrecksekunden umsetzt: „Ich weiß, dass ich da weit gegangen bin. Aber ich glaube, das war notwendig, um die Handlung nachvollziehbar zu machen“, sagt Schier. „Ich musste den richtigen Weg finden, damit die Zuschauer da hineingesogen werden. Das ist eine düstere Welt – und über allem hängt dieses große Fragezeichen.“ Bilder mit Geruch. Schier, der nicht nur als Filmregisseur, sondern auch als Werbefilmer (u. a. mit dem Horrorfilm „Dad’s Dead“für Mediamarkt nach einem Drehbuch von David Schalko) reüssiert, malt den Film in bedrückenden Farben: „Ich finde es essenziell, dass die Bilder so etwas wie einen Geruch bekommen. Man muss in die jeweilige Szene eintauchen können. Das funktioniert über die Erinnerung: Man erkennt mehr, als man im ersten Moment wahrnehmen würde.“Jeder hat den Geruch einer solchen Altbauwohnung in der Nase, wie es jene ist, in der der Gekreuzigte gefunden wird. Die abblätternde Farbe, die ausgebleichte altvaterische Tapete evozieren Bilder im Kopf. Und Gerüche. Es ist nicht das einzige gelungene Motiv in „Die Faust“. „Ich gehe seit vielen Jahren mit offenen Augen durch die Stadt, merke mir Sachen und fotografiere.“Am schwierigsten sei das einsame Haus zu finden gewesen – das steht, ziemlich unwirtlich, tatsächlich in Wien und soll nun abgerissen werden.
Schier liebt es, mit seinen Filmen „eine Welt zu kreieren, die fesselt, wenn man sie anschaut. Und die den Zuschauer berührt – ob sie ihn nun abstößt oder glücklich macht“.
»Keine Ahnung, keine Skrupel, keine Titten«, ´tzt Biãi Fellner üãer einen Joãkonkurrenten.