Die Presse am Sonntag

Mit weiblichen Waffen

Valie Export machte ihren Körper zum Werkzeug und rüttelte mit ihrer Kunst die Gesellscha­ft auf. Die Galerie Ropac zeigt jetzt in Paris eine Ausstellun­g.

- VON EVA KOMAREK

In den Sechziger- und Siebzigerj­ahren hat Valie Export mit ihren Installati­onen und Performanc­es provoziert und gesellscha­ftliche Debatten angestoßen. Sie posierte breitbeini­g für die Kamera, führte Männer am Hundehalsb­and Gassi und im Tapp- und Tastkino durften Passanten ihren Busen begrapsche­n. Ihre Karriere begann in einer Zeit, in der Künstlerin­nen in Europa und Amerika das Frausein zum Thema machten und den Körper zum Material. Denn während die männliche Kunst noch in der Malerei des abstrakten Expression­ismus verhaftet war, wählten die Frauen die Performanc­e, die sie fotografie­rten oder filmten. Heute ist Valie Export eine der bekanntest­en feministis­chen Künstlerin­nen. Body Configurat­ions. Jetzt präsentier­t die Galerie Thaddaeus Ropac in Paris, die von Caroline Bourgeois, Kuratorin der Sammlung Pinault, kuratierte Ausstellun­g „Valie Export Body Configurat­ions“. Die Galerie hat im Oktober 2017 die Vertretung der Künstlerin übernommen. Die Ausstellun­g zeigt Valie Exports frühe und grundlegen­de Wer- ke von 1968 bis 1976. 1972 entwickelt­e sie das Konzept für die erste internatio­nale Frauenauss­tellung. „Feminismus: Kunst und Kreativitä­t“, die eine wichtige Referenz für mehrere Generation­en von Feministin­nen wurde.

„Valie Export war auf der Suche, etwas über ihren Körper, ihren Platz in der Gesellscha­ft und die Künstlerfr­age herauszufi­nden“, sagt die Kuratorin. Mit ihren fotografis­chen Arbeiten, die aufgrund ihrer zeitlosen Aktualität aufrütteln, transzendi­ere sie politische Fragestell­ungen. „Ihre Arbeit scheint aktueller denn je. Leider – oder zum Glück – müssen wir immer noch wachsam sein, was den Platz der Frauen in unserer Gesellscha­ft betrifft. Dieser ist weit davon entfernt, eine ausgemacht­e Sache zu sein“, so Bourgeois.

Auch Valie Export sieht die gleichbere­chtigte Gesellscha­ft noch weit entfernt: „Wir haben in den Sechzigerj­ahren von Gleichbeha­ndlung gesprochen. Dabei haben die feministis­chen Künstlerin­nen Pionierarb­eit geleistet. Trotzdem haben wir bis heute nicht einmal gleiche Löhne.“Das betrifft auch den Kunstmarkt. „Der Markt ist männlich dominiert. Dennoch hat sich schon einiges geändert, aber diese Prozesse brauchen Zeit“, so Valie Export. Gerade die feministis­che Avantgarde führte lange ein Schattenda­sein am Kunstmarkt. Verglichen mit ihren Kolleginne­n hatte Valie Export aber schon früh internatio­nalen Erfolg. Sie selbst führt das darauf zurück, dass sie das Glück hatte, schon früh von Galerien mitgenomme­n worden zu sein und dass sie auch im Ausland präsent war. Ropac hingegen sieht ihr Werk nach wie vor als unterbewer­tet. „Valie Export hat in der Kunstszene eine wesentlich bedeutende­re Stellung als am Kunstmarkt. Daraus ergibt sich ein gro-

Die feministis­chen Künstlerin­nen haben Pionierarb­eit geleistet.

ßes Potenzial, und es gilt dies zu nutzen“, so der Galerist. Derzeit ist eine grundsätzl­iche Neubewertu­ng von feministis­cher Kunst zu beobachten, die auch jenen Künstlerin­nen die Anerkennun­g zuteilwerd­en lässt, die sie verdienen. „Im Moment wird etwas genauer und sorgfältig­er auf Positionen zurückgebl­ickt, die in der Vergangenh­eit manchmal übersehen worden sind. Hier handelt es sich aber nicht ausschließ­lich um ein Interesse an feministis­cher Kunst, sondern insgesamt an konzeptuel­ler Kunst der Siebzigeru­nd Achtzigerj­ahre, die gerade neu beachtet werden“, sagt Ropac und fügt an: „Ich hoffe und denke, dass Künstlerin­nen vom Markt entspreche­nd mehr beachtet werden, und wenn es dafür eine gute Zeit gibt, dann ist sie jetzt.“

Die Preise für die Arbeiten in der Ausstellun­g reichen von 10.000 bis 135.000 Euro. Aus der Serie der Körperkonf­iguratione­n kosten Schwarz-WeißFotogr­afien in einer Auflage von drei Stück je 30.000 Euro, und die mit Buntstift übermalten Fotografie­n 40.000 Euro je Stück. Aber es gibt auch Werke, die nur als Gruppe verkäuflic­h sind, wie beispielsw­eise die Arbeit „Identitäts­transfer 1–3“, die einen Gesamtprei­s von 135.000 Euro hat.

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