Das Glück hat vier Blätter
Die zu Silvester gern verschenkten Sauerklee-Spezialitäten werden zu oft verworfen, weil sie falsch gepflegt werden. Ein Leitfaden zum Glücklichwerden mit den Spielarten der Oxalis.
Die Nachbarin und ich pflegen eine heimliche Leidenschaft. Wir sammeln Klee, und zwar Sauerklee in möglichst unterschiedlichen Größen und Blattfarben. Möglicherweise sollten wir unsere langjährige Begeisterung für die Spielarten dieser aufregenden Pflanze öffentlich machen, idealerweise vor dem Jahreswechsel und nicht erst jetzt mit Verspätung. Denn die schöne Tradition, zu Silvester Glücksklee geschenkt zu bekommen, haben wir knapp verpasst, und alles, was wir geschenkt bekamen, waren Schweinchen und Fliegenpilze.
Dabei wären wir fabelhafte Abnehmerinnen, falls sich das jemand merken wollte. Jede Spielart ist uns recht, und unter unseren pflegenden Händen sind schon einige Kleesorten alt und groß geworden. Sie selbst könnten allerdings im Gegensatz zu uns unter den Glücklichen sein, die von lieben Mitmenschen mit einem Glücksklee bedacht wurden, und möglicherweise beginnt er jetzt, drei Wochen nach Übergabe, zu Ihrem Verdruss erste Schwächeerscheinungen zu zeigen.
Das muss nicht sein. Damit das Glück nicht schwindet, folgen nun ein paar Tipps, wie der Glücksklee gepflegt werden sollte, was nicht nur mit einer ausgesprochen attraktiven Pflanze, sondern auch wochen-, wenn nicht monatelang mit zahlreichen zarten rosa gefärbten Blüten belohnt wird. Blüten zur Belohnung. Doch zuerst zu den Grundlagen. Die Gattung Oxalis ist, bis auf wenige weiße Flecken auf der Landkarte, weltweit verbreitet. Die meisten der geschätzten 800 Sauerklee-Arten findet man in den Tropen und Subtropen, wo es eher feucht zugeht. Gewöhnlich ist der Silvester-Klee in viel zu kleine Töpfe gepflanzt, wo er rasch austrocknet und seine vierblättrigen Häupter sinken lässt, denn genau das verträgt er nicht. Er will es zwar nicht zu feucht, aber völlige Trockenheit bringt ihn schnell um.
Befreien Sie ihn also sofort aus dieser engen Zwangsjacke und stecken Sie ihn in einen ordentlich dimensionierten Topf mit humoser, nährstoffreicher Erde. Gut eingießen und dabei zuschauen, wie er sich binnen Kurzem erholt und wieder aufrichtet. Er wird auch bald weitere Blätter austreiben, und wenn die höher wachsen, so erschrecken Sie nicht. Klee wird meistens mit Wachstumshemmern behandelt, damit er klein und niedlich bleibt.
Der zu Silvester traditionell verschenkte Klee ist Oxalis tetraphylla, woraus die Altgriechen unter Ihnen sofort den Hinweis auf seine Vierblättrig- keit herauslesen werden. Bis dato haben die Nachbarin und ich erst drei Spielarten identifiziert. Die häufigste Variante trägt einen dunkelroten Stern in der Blattmitte. Etwas seltener zu Gesicht bekommt man den Glücksklee mit einer Art dunkelrotem Ring. Ganz selten nur ist der Klee rein grün.
Mit dem heimischen dreiblättrigen Weißklee Trifolium repens, der gelegentlich ebenfalls vierblättrige, um es botanisch korrekt zu formulieren, vierteilig gefächerte Blätter ausbildet, ist der Glücksklee übrigens nicht verwandt. Sehr wohl jedoch mit den zahlreichen Sorten der ebenfalls dreiblättrigen Oxalis triangularis. Blüten in vielen Varianten. Einer der schönsten von ihnen ist der brasilianische Sauerklee. Er wird auch unter dem Namen Rotblättriger Sauerklee oder Schmetterlingsklee gehandelt. Letztere Bezeichnung lässt vermuten, dass diese Art besonders stattliche und farbenprächtige Blätter ausbildet. Oxalis triangularis gibt es des Weiteren in unendlich vielen Varianten. Mitunter sind die Blätter bordeauxrot gesäumt oder gesprenkelt, manche sind rein grün, andere tragen weiße Muster im Laub. Sie blühen weiß, pink oder zartrosa. Klee mags hell und kühl. Doch jetzt zur richtigen Pflege. Stellen Sie Ihren Sauerklee möglichst hell, aber nur mit Morgen- oder Abendsonne, und vorzugsweise kühl. Trockene Luft und Wärme mag er nicht, auch will er weder austrocknen noch Staunässe ertragen. Von März bis April legt die vierblättrige Variante eine Ruhepause ein und wird nur sparsam gegossen. Nicht schrecken, wenn die Pflanze verdorrt. Die trockenen Blätter lassen sich später einfach in Büscheln auszupfen.
Ab Mai wird der Klee angegossen und treibt sofort wieder aus. Die dreiblättrige Variante kann ebenfalls eine Ruhephase einlegen, verlangt sie jedoch nicht ausdrücklich. Den Sommer verbringen alle vorzugsweise im Freien, wo sie in passender Umgebung ausgepflanzt werden können. Rhizome holt man im Herbst herein, überwintert sie kühl und frostfrei oder topft sie ein. Über diese Rhizome lässt sich der Klee leicht teilen und vermehren, sodass zu Silvester Leute wie die Nachbarin und ich damit erfreut werden können.