Kitzbühel am Rande auch
wurst-Party. Man muss diese Party einmal erlebt haben. Aber wirklich nur ein Mal. 2500 Menschen drängten sich am Freitagabend in den Hallen, eine Siegesfeier der germanischen Vandalen war im Vergleich dazu vermutlich ein geordnetes Kaffeekränzchen. Der Eintrittspreis von 145 Euro beschert einem nur den Eintritt in den „Klassik-Bereich“– in die umgebaute LipizzanerReithalle etwa –, wo das einfache Volk nur das einfache Volk sieht. Will man das bessere Volk sehen – heuer waren das etwa Wladimir Klitschko, Niki Lauda, Andreas Gabalier –, zahlt man 295 Euro und hat damit Zugang zum „Gold-Bereich“. Ganz oben angekommen ist man damit noch immer nicht: Es gibt noch einen „Diamant-Bereich“, in den man sich aber nicht einkaufen kann.
Die Glaubensdebatte darüber, wie man eine Weißwurst richtig isst – mit Haut oder ohne, oder sollte man sie nicht eigentlich aus der Haut herauszuzeln? –, erübrigt sich bei den Menschenmassen. Man isst die Wurst so, dass man sich selbst in dem Gedränge den geringsten Schaden zufügt – und das ist nicht immer ein schöner Anblick. Millionenumsatz. 40 Millionen Euro werden die 100.000 Menschen in der Stadt und der Umgebung gelassen haben, wenn sie heute nach dem Ganslernhang-Slalom wieder abreisen. Für die Betriebe ist das Hahnenkammwochenende ein jährlicher Lottogewinn (mit allen Konsequenzen für die Einheimischen, siehe untenstehenden Bericht). Nur deshalb hat die Wirtschaftskrise die Stadt nie wirklich erreicht, nur deshalb reiht sich in der Altstadt noch Geschäft an Geschäft ohne irgendwelche Leerstände und nur deshalb können hier mehr Fünf-Sterne-Hotels pro Einwohner wirtschaftlich überleben, als in irgendeiner anderen Stadt Österreichs.
Natürlich geht es von Freitag bis Sonntag für ein paar Stunden auch um den Sport, der all das erst möglich macht, und um die Sportler. Wobei es zum Beispiel um jemanden wie Marcel Hirscher immer geht. Auch dann, wenn er nur zu einer Pressekonferenz in die temporär aufgebaute Almhütte einer großen österreichischen Tageszeitung kommt.
Irgendwie hat man davon in Kitzbühel gehört, Dutzende Menschen stehen in der Franz-Reisch-Straße (benannt übrigens nach dem gebürtigen Meter weit, und unterschreiben muss Hirscher alles – von der Autogrammkarte über den Helm bis zur österreichischen Fahne.
„Er sollte a bissl freundlicher sein, so lange wir uns noch für ihn interessieren“, schimpft dennoch ein enttäuschter Fan. Nicht nur das Glück ist ein Vogerl, auch der Ruhm. Wie wird es sein, wenn man zu alt ist, um Rennen zu gewinnen, und ein Jüngerer dann der neue Held der Massen ist?
Man sieht es weiter oben bei einem, der einst in den 1990er-Jahren eine Art Marcel Hirscher war. Ganz allein, die Skier geschultert, geht Hans Knauss von der Zielarena in Richtung Stadt. Schaut man den vielfachen Weltcupsieger länger als einen flüchtigen Moment an, grüßt er freundlich.
Vielleicht ist es auch ein schlechter Vergleich: So zufrieden, wie Hans Knauss lächelt, so entspannt, wie er ist – dem scheint der ganze Rummel hier in Kitzbühel nicht abzugehen.
Der Opernball
steht vor der Tür – und wir dürfen nicht hinein. Dafür haben wir draußen Einzigartiges gefunden.