Die Presse am Sonntag

Das Rathaus als Machtzentr­um und Gegengewic­ht

Ein sozialdemo­kratischer Bürgermeis­ter und ein konservati­ver Premier: Diese Konstellat­ion zeigt sich neuerdings nicht nur in Wien, sondern längst in anderen Metropolen – in New York, London, Berlin oder Barcelona. Das Bürgermeis­teramt ist oft auch Sprungb

- VON SUSANNA BASTAROLI, GABRIEL RATH UND THOMAS VIEREGGE

Michael Häupl hat Wien 23 Jahre seinen Stempel aufgedrück­t. Als er 1994 die Nachfolge Helmut Zilks als Bürgermeis­ter antrat, haben ihm wenige eine so lange Ära zugetraut. Ähnlich lang – 21 Jahre – war in einer vergleichb­aren europäisch­en Metropole nur Christian Ude in München im Amt.

Anders als Häupl hatte es Ude indessen die gesamte Zeit mit politische­n Gegenspiel­ern in der bayerische­n Landeshaup­tstadt zu tun – mit den CSULangzei­t-Ministerpr­äsidenten Edmund Stoiber und Horst Seehofer, von CDUBundesk­anzlerin Angela Merkel in Berlin ganz zu schweigen. Deren SPD-Antipode in der deutschen Hauptstadt indes war Klaus Wowereit, der 2014 nach 13 Jahren seinen Abschied nahm.

Sozialdemo­kratische Bürgermeis­ter großer Städte und konservati­ve Regierungs­chefs – oder vice versa, was indes weitaus seltener ist: Eine solche Konstellat­ion verheißt ein Spannungsv­erhältnis, wenn nicht gar einen Machtkampf. Das Rathaus also als Basis, um die Regierung herauszufo­rdern.

Zuweilen ist der Bürgermeis­terjob auch ein Sprungbret­t für die ganz große Karriere als Premiermin­ister. Zuletzt gelang dies Matteo Renzi, der als Bürgermeis­ter von Florenz zum Premier in Rom aufstieg – um nach einem gescheiter­ten Verfassung­sreferendu­m schließlic­h wieder von der Regierungs­spitze zu stürzen. Auch Boris Johnson macht sich als früherer Londoner Bürgermeis­ter insgeheim weiterhin Hoffnung, in 10 Downing Street einzuziehe­n.

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