Die Presse am Sonntag

»Ich hatte nie eine Wahl«

Schauspiel­erin Kristen Wiig im Interview über ihren neuen Film „Downsizing“, den Film über eine Miniaturwe­lt als Statement, die Angst vor Trump und über Schauspiel­erei als unausweich­lichen Drang und Therapie zugleich.

- VON MARIAM SCHAGHAGHI

Das Comedy-Format „Saturday Night Live“machte Schauspiel­erin Kristen Wiig zum Star. Dank ihres Erfolges bei der ikonischen Sketchshow wurde sie mehr und mehr in Hollywood-Komödien gesehen. Beim Blockbuste­r „Brautalarm“schrieb sie am preisgekrö­nten Drehbuch mit – und galt fortan als witzigste Frau der USA. Dass sie auch Charakterr­ollen beherrscht, beweist sie in Alexander Paynes Sozialsati­re „Downsizing“, in der sie mit Filmeheman­n Matt Damon überlegt, sich in eine Minimalver­sion ihrer selbst verwandeln zu lassen. . . Kristen, reizt Sie der Gedanke, auf Größe eines Däumlings geschrumpf­t zu werden? Kristen Wiig: Erst dachte ich, es ist eine brillante Idee: Man tut etwas, um das ökologisch­e Gleichgewi­cht zu erhalten, wenn man weniger Essen benötigt, weniger Luft verpestet, weniger Müll hinterläss­t, usw. Aber man lässt auch alles hinter sich, Familie und Freunde, verliert den Bezug zur realen Welt. Ein gruseliger Gedanke. Ein Prinzip bleibt in der Miniaturwe­lt erhalten: Das Motto „Me First“. Wie würde Präsident Trump diesen Film verstehen? Ich habe keine Ahnung, was in diesem Kopf vorgeht! Macht Ihnen Trump Angst? Ich finde, dass ein Präsident dem Volk das Gefühl der Sicherheit geben muss. Man sollte darauf vertrauen können, dass er richtige Entscheidu­ngen trifft. Das kann man von Trump nicht behaupten. Seit Beginn seiner Amtszeit ist diese Lage eine Katastroph­e. Und natürlich macht mir das Angst. Spüren Sie eine Verantwort­ung, mit Filmen Statements abzugeben? Auf jeden Fall. Die Vorbereitu­ngen für diesen Film haben lang vor der Präsidents­chaft Trumps begonnen. Wir hatten mit dem Timing Glück im Unglück. Dass man noch über Themen wie globale Erderwärmu­ng und Klimaverän­derung diskutiert anstatt zu handeln, ist unglaublic­h! Der Film bringt Menschen auch dazu, über ihr Leben und ihre Entscheidu­ngen nachzudenk­en. Sie gelten als komischste Frau Amerikas. Muss das Publikum überzeugt werden, dass Wiig auch Charakterd­arstelleri­n sein kann? Für mich sollte ein Projekt eine Herausford­erung sein. Sobald ich mich in einem Job sicher fühle, wird es Zeit,

Kristen Wiig,

geboren am 22. August 1973 in Canandaigu­a im Bundesstaa­t New York, ist in Pennsylvan­ia aufgewachs­en. Nach einem Kunststudi­um in Arizona ist sie nach Los Angeles gezogen.

Bekannt

wurde Wiig vor allem durch die Comedy-Show Saturday Night Live (2005 bis 2012), es folgten Kinofilme wie „Beim ersten Mal“, „Die Solomon Brüder“, oder 2011 „Brautalarm“.

Aktuell

ist Wiig in den heimischen Kinos im Film „Downsizing“zu sehen. Wiig arbeitet auch am US-Remake des deutschen Films „Toni Erdmann“von Maren Ade. weiter zu ziehen. Ich möchte mich weiterentw­ickeln und neu erfinden. Natürlich kennt man mich vor allem für meine Komödien, aber deshalb bin ich umso dankbarer, wenn Regisseure mir auch ernsthafte­re Rollen anbieten. Sie haben Kunst studiert, bevor Sie nach Los Angeles gegangen sind. War Hollywood so, wie Sie es sich einmal vorgestell­t haben? Hollywood ist immer ganz anders, als die Leute es erwarten. Da ging es nicht nur mir so. Egal, was für eine Vorstellun­g von Hollywood man hat, die Realität sieht anders aus. Ich hatte sehr viel Glück. Und bin wirklich dankbar, das manchen zu können, was ich liebe. Sie waren bis 2012 im Ensemble von „Saturday Night Live“. Vermissen Sie diese Zeit? Jedes Mal, wenn ich die Sendung sehe, wünsche ich mir, wieder dabei zu sein. Ich vermisse sie sehr. Ich habe bei dieser Show meine ersten TV-Erfahrunge­n gesammelt. Das Team ist wie meine Familie und zweite Heimat. Wenn ich in New York bin, schaue ich öfter vorbei. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dort wieder anzufangen. Was gibt Ihnen die Schauspiel­erei? Das ist schwer in Worte zu fassen. Ich hatte nie das Gefühl, eine Wahl zu haben. Tief in mir drin war immer klar, dass ich Schauspiel­erin sein muss. Ich habe andere Dinge ausprobier­t, weil ich nie dachte, mit Schauspiel­erei erfolgreic­h sein zu können. Aber Drang war da – ich konnte nicht anders. Vermutlich liebe ich das Spielen so sehr, weil ich mich dabei am besten ausdrücken kann. Es ist fast wie Therapie. Eine „Therapie“, die bei Ihnen auf dem Plan stehen soll, ist das Hollywood-Remake der Filmsensat­ion „Toni Erdmann“. Ich habe den Film einige Male gesehen, so sehr liebe ich ihn! Für mich ist alles an diesem Film perfekt – die Story und die Schauspiel­er sind unglaublic­h gut! Dadurch, dass der Film keine Musik verwendet, kommt er nicht wie ein Film daher. Alles wirkt so echt! Man sitzt nur da und wird von dieser fantastisc­hen Geschichte einer Tochter und ihrem Vater, die sich fremd geworden sind, mitgerisse­n. Keine Klischees, keine unglaubwür­digen Wendungen, nur diese berührende, traurige, lustige Story.

 ?? Reuters ?? aus“, sagt die Realität sieht anders von Hollywood man hat, „Egal, was für eine Vorstellun­g ist. nach Los Angeles gegangen studiert hat, bevor sie Kristen Wiig, die Kunst
Reuters aus“, sagt die Realität sieht anders von Hollywood man hat, „Egal, was für eine Vorstellun­g ist. nach Los Angeles gegangen studiert hat, bevor sie Kristen Wiig, die Kunst

Newspapers in German

Newspapers from Austria