Die Presse am Sonntag

»Ich bin Banker, kein Gangster«

JAmes Norton, um den sich JAmes-Bond-Gerüchte rAnken, wAndelt sich in »McMafia« vom englischen GentlemAn zum MAfioso. Die 8-teilige Serie ist Thriller und FAmiliendr­AmA. Die kriminelle HAndlung bAsiert Auf journAlist­ischen Recherchen.

- VON ISABEllA WAllNÖFER

Der Vorname passt. Und James Norton macht im Slim-fit-Smoking mit Fliege auf jeder Cocktailpa­rty gute Figur. Nicht nur deshalb ist er seit Wochen damit beschäftig­t, zu dementiere­n, dass er Daniel Craig in der Rolle des James Bond nachfolgen könnte – die britischen Buchmacher führen seinen Namen ungerührt auf der TopTen-Liste, neben z. B. Tom Hardy und Michael Fassbender. „Wenn Sie auf mich wetten wollen, lassen Sie das Geld lieber stecken“, sagte Norton dazu laut britischen Zeitungen. Das alles seien nur Spekulatio­nen. Angeheizt wurden diese durch seine neue Rolle in der BBC-Serie „McMafia“, in der er vom smarten Fondsmanag­er zum Mafioso im Maßanzug mutiert – wenn auch eher unfreiwill­ig. Eine Verwandlun­g in insgesamt acht Teilen, der man derzeit auf Amazon Prime zusehen kann (das Streamingp­ortal strahlt die aktuelle Folge jeweils am Tag nach der BBC-Premiere aus). Heimweh und liebe. Die Story verwebt die mafiösen Verstricku­ngen des aus einer im Londoner Exil lebenden russisch-jüdischen Familie stammenden Alex Godman (Norton) mit einem Familiendr­ama, bei dem es um Alkoholsuc­ht (hervorrage­nd: Aleksey Serebryako­v als Alex’ vom Heimweh geplagter Vater Dimitri), Betrug, Drogen und echte Liebe geht. Denn neben Angst und Gier ist die Liebe das stärkste Motiv, sich in etwas zu fügen, das einem zuwider ist. Und Godman junior ist die ganze Mafiasache zuwider – er hat in Harvard studiert, spricht nur schlecht Russisch und gibt sich als echter britischer Gentleman.

Während sich seine englische Freundin Rebecca für „ethischen Kapitalism­us“engagiert, will er seinen in Schwierigk­eiten geratenen Fonds retten – und watet dabei immer tiefer in den moralische­n Sumpf. Godman hat keine Ahnung, worauf er sich einlässt, als er beschließt, von Freunden der Familie Geld anzunehmen – um den Tod seines Onkels zu rächen, den Obermafios­i Vadim (Merab Ninidse) aus Rache ermorden ließ. Godman musste mit ansehen, wie seinem Onkel zwischen Kaviar und Champagner die Kehle durchgesch­nitten wurde. „Ich bin ein Banker, kein Gangster“, erklärt er später Vadims Gegenspiel­er Semiyon Kleiman (aalglatt: David Strathairn), der ihn in das Geldwäsche­geschäft einweiht. „Ich brauche auch nur einen Banker“, entgegnet der: „Diese Kriege werden in den Vorstandse­tagen geführt. Geld zu verschiebe­n ist ihre Waffe.“ Buch von Misha Glenny. Ein bisschen Mafia, das geht nicht. Bis Godman das erkennt, gibt es für ihn kein Zurück mehr. Wie die Clans rekrutiere­n und arbeiten, das weiß auch Misha Glenny, dessen gleichnami­ges Mafia-Buch die Basis für diesen TV-Thriller liefert. Als Korrespond­ent hat Glenny für den „Guardian“und die BBC über den Jugoslawie­n-Konflikt berichtet und sich später auf organisier­te Kriminalit­ät und Cyberkrimi­nalität spezialisi­ert.

Für seinen Bestseller „McMafia“interviewt­e er Mafiosi, Polizisten, Opfer, recherchie­rte über bewaffnete Überfälle in der Ukraine, Geldwäsche in Dubai, Drogensynd­ikate in Kanada und Cyberkrimi­nelle in Brasilien . . . Die Drehbuchau­toren Hossein Amini und James Watkins stellen der Härte der Clans die Fürsorglic­hkeit gegenüber, die nicht nur in Godmans Familie herrscht: Auch Vadim ist seiner fröhlichen Tochter ein aufmerksam­er Vater, der sich mit ihr über die neue Handtasche freut – dass er gerade einen Mann brutal mit einer Eisenstang­e erschlagen hat, davon hat sie keine Ahnung . . .

„McMafia“: Die neuen Folgen immer montags auf Amazon Prime.

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BBC/CubA/Nick WAll Alex Godman (James Norton, neben Faye Marsay) beim Begräbnis des ermordeten Onkels.

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