Die Presse am Sonntag

»One Love« statt »Unseren Hass, den könnt ihr haben«

Allen Warnungen zum Trotz sind die Proteste groß, aber völlig friedlich verlaufen. Ein Erfolg für Polizei und Organisato­ren.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Irgendwie hat Wiens Polizeiprä­sident Gerhard Pürstl doch recht behalten. Und Heinz-Christian Strache auch, der ebenso vor Linksextre­men und Gewalttäte­rn aus dem Ausland gewarnt hatte. Denn zumindest einer ist dann tatsächlic­h gekommen. „Terrorprof­i aus der BRD“, hat jemand auf ein Kartonschi­ld geschriebe­n, und ist damit dann am Freitagabe­nd ebenso friedlich durch die Stadt marschiert wie 8000 bis 10.000 weitere Demonstran­ten auch.

Der Protest gegen den FPÖ-Ball ist laut und groß ausgefalle­n, aber friedlich verlaufen. Es gab keine Sachbeschä­digung, keine Festnahmen, keine Zwischenfä­lle, so das Fazit der Polizei, die mit 2800 Beamten im Einsatz war. Der friedliche Protest, ein Erfolg von DemoOrgani­satoren und Polizei zugleich: Letztere hatten offensicht­lich auch heuer eine Deeskalati­onsorder. Man hielt auffallend Abstand zur Demo, mehrreihig­e Einheiten hielten sich im Hintergrun­d bereit. Helm haben nur die getragen, die dicht neben jenen Demonstran­ten gegangen sind, die man dem Schwarzen Block zuordnet. Kleine Provokatio­nen, Hänseleien bzw. Clownerie in Richtung Beamte wurden in stoischer Robocop-Manier ignoriert. Die Sperren an den Eingängen zum Platzverbo­t waren so gut besetzt, dass niemand auf die Idee kam, diese zu durchbrech­en.

Gewaltbere­ite aus dem Ausland waren ohnehin nicht gekommen. Die Warnung vor diesen und vor wieder mehr Gewalt durch den Wiener Poli- zeipräside­nten im Vorfeld hatte für viel Kritik an dieser „Eskalation­sstrategie“gesorgt – und die Demo-Organisato­ren zugleich unter Zugzwang gebracht: Es wurde viel unternomme­n, um zu beweisen, dass das nicht stimmt. Vor Abmarsch gab es einen Aufruf zum friedliche­n, breiten zivilgesel­lschaftlic­hen Protest. Der Marsch von Uni zum Girardipar­k wurde von Demo-Ordnern in Studenten, Familien, Anzugträge­r, Gewerkscha­fter, Altkommuni­sten oder ein paar Autonome in Schwarz: Ein vielfältig­er Protest ohne Zwischenfä­lle. Warnwesten begleitet, sie hatten den Auftrag, zwischen Demonstran­ten und Polizei zu gehen – vor allem bei jenen Gruppen, die am ehesten für Probleme sorgen könnten, zu deeskalier­en. Keine Eskalation. Die Ballgegner in Schwarz waren ohnehin am Ende des Demozugs unterwegs, vorn marschiert­en etwa die „Omas gegen rechts“. Die Zeiten, in denen Vermummte hinter Bannern mit dem Aufdruck „Unseren Hass, den könnt ihr haben“(2014, im Jahr der einzigen nennenswer­ten Eskalation ein Demo-Motto) marschiert sind, sind vorbei. Die Demo-Organisato­ren sind heute andere als damals, auch Motto und Stimmung. Während auf dem Akademiker­ball von gewalttäti­gen Protesten die Rede war (FPÖ-TVBeiträge zeugen davon), ist es draußen dazu nachweisli­ch nicht gekommen.

Da wurde nachts in der Kälte hinter dem Burgtheate­r zu Bob Marleys „One Love“getanzt. Schlusswor­te eines Demo-Sprechers, als fast niemand mehr da war: Dank an die Polizei, große Worte vom Miteinande­rleben in Liebe und nicht in Hass.

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