Wie Schieder ein weiteres Problem Christian Kerns wurde
Nach dem verlorenen Kampf muss Schieders Rolle neu definiert werden. Ein Wechsel nach Wien hätte Kern Luft verschafft.
Auch Gerda Rogers gehört zu jenen, die bezüglich der SPÖ-Wien auf den Falschen gesetzt haben. Vor einer Woche hat sie für den ORF im Firmament gesehen, dass Andreas Schieder am Samstag zum neuen Parteivorsitzenden der Wiener SPÖ gewählt wird. Ihre Interpretation der Sterne war falsch – in denen ebenso noch steht, wie es nun mit Schieder weitergeht.
Eigentlich hat er ja einen Job – und zwar geschäftsführender Klubobmann der Bundes-SPÖ. Ob er diese Funktion nach seiner Kampfansage in Wien weiter behalten wird, ist aber fraglich. Seit die SPÖ die Oppositionsrolle innehat, ist es eng geworden – gerade im Klub, der über die Jahre zu einer Art Abstellkammer für ausrangierte Sozialdemokraten geworden ist. Nun sind zu den Alten viele Neue gekommen. Mitarbei- ter der ehemaligen Kabinette drängen in den Klub – und ehemalige Minister trachten nach prestigeträchtigeren Jobs in der Partei, von denen Kern aber nicht mehr viele zu vergeben hat. Der geschäftsführende Klubobmann wäre aber eben so ein beliebter Posten, auf den dem Vernehmen nach auch ExKanzleramtsminister und Kern-Vertrauter Thomas Drozda spitzt. Von Bund zu Land? Der Ex-Kanzler muss seine Partei und die Strukturen umbauen – und es hätte ihm ein wenig Luft verschafft, wenn Schieder nach Wien gewechselt wäre. Jetzt hat er aber statt eines Problems weniger noch eins mehr. Dass Kern mit der Entscheidung der Wiener SPÖ wohl nicht ganz glücklich ist, war in seiner Mimik zu lesen, die ihm nach Verkündung des Ergeb- nisses am Samstag kurz entglitt und für einen Moment sehr grimmig wurde.
Wenn Schieder also nicht im Bund bleiben will oder kann, müssen in Wien Möglichkeiten für ihn gefunden werden. Dem Vernehmen nach sollen Michael Ludwig und Andreas Schieder noch vor der Kampfabstimmung vereinbart haben, dem jeweils anderen ein Friedensangebot zu offerieren. Als Zeichen des guten Willens und als Zeichen, dass die Partei nach diesem langen, blutigen Flügelkampf auch wieder zusammenfinden kann. Denn beide wissen, dass die Partei geeint sein muss, wen man die Gemeinderatswahlen 2020 erfolgreich schlagen möchte.
Ein wirklich nobles Angebot von Ludwig an Schieder wäre der Posten des Finanzstadtrats – das Ressort gilt Andreas Schieder (Bild links unten) unterlag Michael Ludwig deutlich. Bild rechts: SPÖChef Christian Kern (li.) mit Michael Häupl. als das mächtigste und prestigeträchtigste. Schieder würde auch die nötigen Qualifikationen mitbringen, in der Ära Faymann war er Finanzstaatssekretär.
Der Haken: Stadträtin Renate Brauner, die zu Schieders Unterstützerinnen zählt, müsste Platz machen. Zuletzt hatte diese aber angekündigt, dass sie nicht vorhabe, zu gehen. Ludwig könnte sie tatsächlich nicht einfach entfernen, denn die Stadträte werden vom Gemeinderat gewählt und nicht von der Partei. Eine Lösung, die manchen in der SPÖ-Wien schon länger vorschwebt, ist, dass Brauner dem Landtagspräsidenten Harry Kopietz nachfolgen könnte. Dieser ist immerhin schon 69 Jahre alt – und für Brauner wäre dieser Wechsel kein Gesichtsverlust. So könnte auch für Schieder eine elegante Lösung geschaffen werden.