Die Presse am Sonntag

Der Wert des Euro wird von den USA bestimmt

Die EZB will oder kann verbal mit den Amerikaner­n nicht mithalten. Umso mehr warnt sie vor einem Währungskr­ieg.

- EST

Die alte Theorie, derzufolge ein Beibehalte­n der ultralocke­ren Geldpoliti­k den Aktienmark­t beflügelt und die Währung drückt, stimmt zumindest im Moment nicht mehr. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Folgen der Sitzung des Rates der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) am Donnerstag gezeigt haben. Während die US-Leitindize­s weiter anstiegen, fielen der deutsche DAX bzw. überhaupt der europäisch­e Eurostoxx und Stoxx Europe umgehend zwischen 1,1 und 0,7 Prozent. Und der Euro stieg von den zuvor schon relativ hohen 1,24 Dollar auf 1,2536 Dollar weiter. So viel kostete die Gemeinscha­ftswährung zuletzt Ende 2014.

Dabei hat EZB-Chef Mario Draghi nicht nur keine Straffung der Geldpoliti­k angekündig­t, sondern sogar deutlich konstatier­t, dass die Chancen auf eine Zinserhöhu­ng heuer sehr gering seien. Der Leitzins bleibt also län- ger auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Draghis Argumentat­ion unterstütz­t, dass die Inflation mit 1,4 Prozent – trotz robuster Wirtschaft – noch nicht den Wert der angestrebt­en zwei Prozent erreicht hat. Einen weiteren Grund liefert die Tatsache, dass der Euroanstie­g die Importe verbilligt sowie die Exporte verteuert – damit die Inflation weiter hemmt.

Aber Draghis Auftritt wirft Fragen auf, wie die Reaktionen mancher Analysten zeigen. Man könne nicht sagen, dass Draghi den Euro heraufrede, aber „er redet ihn nicht genug nach unten“, sagte Ulrich Leuchtmann, Währungsan­alyst der Commerzban­k. Und Thomas Altmann von der Investment­boutique QC Partners meint: „Mario Draghi hat den Euro erwähnt. Eine verbale Interventi­on sieht jedoch anders aus . . . Die Anleger stellen sich jetzt eine Frage: Konnte Mario Draghi den Euro nicht stoppen, oder wollte er nicht?“Ja, man weiß es nicht. Umso mehr weiß man, dass seitens der USA massive Interventi­onen zugunsten eines niedrigen Dollars stattfinde­n. Zu einem gewissen Teil macht das Präsident Donald Trump mit seiner protektion­istischen Linie selbst. In Davos hat auch Finanzmini­ster Steven Mnuchin mitgeholfe­n, indem er von den Vorteilen des schwachen Dollar gesprochen hat. Dann plötzlich haben Trump und er doch von einem starken Dollar als Ziel geredet – und der Euro hat die Woche bei 1,2422 Dollar beendet.

Der Seitenhieb gegen die USA kam übrigens von EZB-Direktor Benoˆıt Coeure.´ Die großen Industries­taaten sollten ihre Währungen nicht dazu einsetzen, um Wettbewerb­svorteile zu erzielen, sagte er: „Das Letzte, das die Welt heute braucht, ist ein Währungskr­ieg.“

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