Als Österreich noch Pionier in der Luftreinhaltung war
Vor 30 Jahren wurde die Katalysatorpflicht im Land eingeführt – Österreich übernahm damit eine europaweite Vorreiterrolle. Doch die Prüfmethoden sind inzwischen hoffnungslos veraltet. Statt sie zu erneuern, will das Verkehrsministerium lieber gar nicht me
Kindheit in den Siebzigern, das kann man leicht mit Farben assoziieren: grüne Pullover und braune Hosen, Vorhänge mit gelb-violetten Mustern. Es ging bunter zu in Wohnungen und Kleiderkästen – auch auf der Straße, auf denen kaum weiße und graue, dafür viele rote, braune, gelbe und grüne Autos fuhren. Wie in einem Blumenfeld roch es allerdings nicht.
Die Autos verbrannten verbleites Benzin, und nichts hinderte die Abgase am freien Durchströmen. Abgaskontrolle? Gab es, sie diente aber der Motoreinstellung: Zuviel Kohlenmonoxid – Motor läuft zu fett.
Auch wenn es weniger Verkehr gab damals, die Luft in den Städten war schlecht. Und wo viele Autos unterwegs waren, hatte man ein massives Problem. Abgashart. Der chronische Smog in der Westküstenmetropole Los Angeles schon in den Fifties stieß die Weiterentwicklung der Abgasnachbehandlung per Katalysator an. 1983 stellten die USA auf schadstoffarme Autos um – der Kat war zwar nicht Pflicht, aber notwendig, um die strengen Emissionsvorschriften zu erfüllen.
In Europa formierten sich in der Zeit Österreich, Schweden, Deutschland und die Schweiz zu den sogenannten „abgasharten Ländern“: Wirtschaftlich besser entwickelte Nationen, in denen man sich nicht damit zufriedengeben wollte, dass es raucht und stinkt. Als Stimmungskatalysator wirkte
Ernst Pucher, 63
promovierte 1988 an der TU Wien mit dem heute noch europaweit gültigen Abgasmessverfahren für Benzinmotoren.
Abgas-Check
Als weltweit anerkannter Experte für Verbrennungsmotoren drängt Pucher auf regelmäßige Abgastests auch für Dieselmotoren. An der TU Wien wurde dafür ein universelles Kurztestverfahren entwickelt. das Phänomen des Waldsterbens (ungeachtet späterer Deutungen, die es als Medienhype verorten – mit dem Straßenverkehr hatte es in jedem Fall nichts zu tun).
Politisch wurden unter Minister Streicher die Segel gesetzt, 1986 führte Österreich US-amerikanische Abgasstandards ein. Mit 1. Jänner 1988 wurde der Katalysator Pflicht für alle neu zugelassenen Benzin-Pkw im Land.
Damit war man der europäischen Entwicklung um Jahre voraus – die EU übernahm die Standards erst 1992.
Schon Mitte der 1980er hatte die TU Wien mit der Entwicklung eines Kurztestverfahrens für die neuen schadstoffarmen Benzinfahrzeuge begonnen. Wieder übernahm Österreich eine Pionierrolle: Im Zuge seiner Dissertation 1988 erarbeitete der 33-jährige Maschinenbauabsolvent Ernst Pucher jene Lambda-Messung, die bald das europaweit gültige Prozedere darstellen sollte, um die Abgasreinigung von Benzinmotoren zu überprüfen.
Man wollte sich nicht damit zufriedengeben, dass es raucht und stinkt.
Aus dem Auspuff geschossen. Das Verblüffende: Für Dieselmotoren gibt es nichts Vergleichbares. Einzig der sogenannte Trübungswert wird erhoben: Bei Motoren und Menschen quälender Höchstdrehzahl wird nachgeschaut, wie viel Ruß aus dem Auspuff geschossen kommt. Pucher: „Allenfalls für Motoren ohne Partikelfilter ein Thema.“
Unverändert sind beide Verfahren bei der jährlichen „Pickerl“-Kontrolle im Einsatz – effizient bei den Benzinern, eher sinnlos bei Dieselautos. Verständlich, dass neue Verfahren gesucht werden. Doch das Verkehrsministerium will nach einem Entwurf, der aktuell für Aufregung sorgt, gleich die gesamte Wirkprüfung kippen, sprich: überhaupt keine Messungen am Endrohr mehr durchgeführt wissen. Stattdessen will man sich vom Diagnosegerät des Fahrzeugs (OBD) erzählen