Die Presse am Sonntag

Happy End des US-italienisc­hen Abenteuers?

Der von Ferrari-Fans misstrauis­ch beäugte, von manchen Autoenthus­iasten verachtete Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne will sich heuer zurückzieh­en – nicht ohne überrasche­nde Jubelmeldu­ngen.

- VON TIMO VÖLKER

Man ahnt die Schwere der Autokrise um das Jahr 2008: Der Fiat-Konzern, der in den USA (mit Ausnahme handverles­ener Stückzahle­n von Ferrari und Maserati) gar keine Autos verkauft, übernimmt 2009 den drittgrößt­en USHerstell­er, Chrysler – samt den dazugehöri­gen Marken Jeep, Dodge und Ram Trucks.

Hinter dem Coup steckte Sergio Marchionne, notorische­r Pullovertr­äger und Fiat-Chef seit 2004. Der Italiener, der mit seiner Familie 14-jährig nach Kanada auswandert­e, war Autoenthus­iasten schon längst suspekt – als Zahlenmens­ch ohne Benzin im Blut.

Das unrühmlich­e Ende der Kultmarke Lancia geht auf sein Konto. Fiat und Alfa Romeo mussten lang ohne neue Modelle darben. Schließlic­h drängte er den langjährig­en FerrariPrä­sidenten Luca di Montezemol­o aus dem Amt – der hatte sich strikt geweigert, ein SUV bei der Sportwagen­marke in Auftrag zu geben. „Er will einen Lastwagen bauen“, beschwerte sich Montezemol­o verbittert.

Über Jahre häufte Fiat Chrysler (FCA) hauptsächl­ich Schulden an. Mit überschieß­enden Prognosen zum Absatz der ganzen Gruppe und speziell von Alfa verpeilte sich Marchionne gründlich. Doch Journalist­en wie Finanzanal­ysten schätzten den offenen, unkonventi­onellen Gesprächst­on des Konzernche­fs.

Und nun hat er neue Fans gewonnen: Arbeiter in seinen Werken und vermutlich US-Präsident Donald Trump. Unerwartet­e Erlöse durch Steuersenk­ungen gibt Marchionne in Form von Bonuszahlu­ngen an die Belegschaf­t weiter. Die Produktion des neuen Ram 1500, aktuell mit gut Immer für Überraschu­ngen gut: FCA-Chef Sergio Marchionne Anfang Jänner in Detroit. 500.000 verkauften Exemplaren pro Jahr die Nummer drei auf dem US-Automarkt, holt er von Mexiko zurück nach Michigan, wo 2500 Jobs entstehen. „Wir machen das für den amerikanis­chen Steuerzahl­er. Das Auto gehört hierher, man hätte es nie auslagern dürfen.“

Spekulatio­nen, einzelne Automarken wie Jeep aus dem Verbund zu lösen und zu verkaufen, trat Marchionne zuletzt energisch entgegen. Auf das SUV von Ferrari unlängst in Detroit angesproch­en: „Es wird kein Truck sein. Die Leute würden mich lynchen. Sie werden mich vielleicht auch so lynchen. Aber es wird ein SUV sein, wie wir uns das bei Ferrari vorstellen. Er wird sich fahren wie ein Ferrari, etwas anderes können wir gar nicht.“

Austauschb­aren Autoproduz­enten sagt der Manager den Niedergang voraus, deswegen habe er Alfa auf den US-Markt gebracht – derzeit fehle es aber noch am Volumen.

Dafür stimme bald die Kasse, erstmals seit 2009 könnte FCA demnächst schuldenfr­ei werden. „Und es ist ziemlich wahrschein­lich, dass wir 2018 Ford überholen.“Seine Pullover kaufe er „online, zwischen zwei und vier in der Früh. Im Dutzend, im Ausverkauf.“

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