Die Presse am Sonntag

Bunter Streitwage­n der 68er

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Heuer wird sie 70, die ewige Ente: Im Oktober 1948 präsentier­te Citro¨en in Paris ein Modell namens 2CV, dessen Entstehung bis in die 1930er zurückgeht. Simpel die Technik, billig in der Anschaffun­g, genügsam im Betrieb – der Konstrukte­ur Andr´e Lef`ebvre hatte der Legende nach folgendes Lastenheft erhalten: „Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein, mindestens 60 km/h schnell und dabei nur drei Liter auf 100 km“. Zu seinem Beinamen kam das Auto durch einen Autojourna­listen, der in der Karosserie ein „hässliches Entlein“erblickte. „Eine Konservend­ose, Modell freies Campen für vier Sardinen“, urteilte die satirische Wochenzeit­ung „Le Canard enchaˆın´e“. Während die ganze Autowelt sich immer kühner motorisier­te, blieb das Entlein bei seinem luftgekühl­ten Zweizylind­er-Boxermotor, dessen Klang man blind zuordnen kann, ohne vom Fach zu sein – hört man da nicht ein Schnattern raus? Vorgestell­t mit neun PS (gut für 70 km/h) brachte es der 2CV zuletzt auf 29 PS, die zur Erreichung von 113 km/h verhalfen. Die possierlic­he Form, wiewohl nicht wahnsinnig aerodynami­sch, erlangte ikonenhaft­en Ruhm, die Ente war spätestens ab 1968 das Auto für Menschen, die Autos ablehnten. Nach 3.872.583 Exemplaren war dann Schluss: Das Rolldach aufgewicke­lt, das Klappfenst­er unten, die Karosserie bunt bemalt – so hieß es „Ente gut, alles gut.“(tiv) Citro¨en 2CV, gebaut 1949–1990.

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