Die Presse am Sonntag

Meister der Großskulpt­ur

Dem Bildhauer Bruno Gironcoli blieb die große Anerkennun­g bisher verwehrt. Diverse Ausstellun­gen, darunter im mumok, könnten für Aufschwung sorgen.

- VON EVA KOMAREK

Bruno Gironcolis Kunst ist imposant und irritieren­d zugleich. Der österreich­ische Bildhauer gehört zu den eigenwilli­gsten Künstlerpe­rsönlichke­iten des 20. Jahrhunder­ts. Und obwohl er internatio­nal gezeigt wurde und 2003 Österreich auf der Biennale in Venedig vertrat, blieb ihm die internatio­nale Anerkennun­g bisher verwehrt. Das spiegelt sich auch auf dem Kunstmarkt wieder.

Jetzt richtet das mumok mit der großen Retrospekt­ive „Bruno Gironcoli: In der Arbeit schüchtern bleiben“den Scheinwerf­er auf den Ausnahmekü­nstler (3. Februar bis 27. Mai). Parallel dazu richten auch zwei Galerien Ausstellun­gen aus: Galerie Elisabeth & Klaus Thoman, die das Oeuvre von Gironcoli seit Ende der 1980er-Jahre betreuen (3. Februar bis 26. Mai) und die Galerie bei der Albertina Zetter (25. Jänner bis 3. März).

Gironcoli ist vor allem für seine Großplasti­ken bekannt. Weniger bekannt ist, dass Gironcolis bildhaueri­sches Werk von einer kontinuier­lichen grafischen Produktion begleitet war. Von Beginn an sind diese oftmals großformat­igen Blätter, die im Laufe der Jahre malerische­r wurden, mehr als bloße Skizzen für die Bildhauere­i. Das mumok stellt in der Ausstellun­g erstmals den Maler und Zeichner Gironcoli in den Mittelpunk­t.

Die Galerie Thoman hat wesentlich zum Entstehen der Museumsaus­stellung beigetrage­n. „Wir wissen von hunderten von Papierarbe­iten in welchen Sammlungen sie sich befinden und konnten so die Recherchen des mumok unterstütz­en“, sagt Elisabeth Thoman. Die Galerie hat Leihgaben vermittelt und selbst Arbeiten für die Retrospekt­ive zur Verfügung gestellt.

Sie selbst zeigt in der Galerie in Wien eine Ausstellun­g von Skulpturen, die zwischen 1964 und 2001 entstanden sind sowie Arbeiten auf Papier von 1967 bis 1991. Die Galerie setzte im Rahmen der langjährig­en Zusammenar­beit mit dem Künstler rund vierzig verschiede­ne Plastiken als Güsse um, darunter auch die großen Aluminiums­kulpturen für die Biennale Venedig und die Biennale Lyon 2003. Unter den zum Verkauf stehenden Skulpturen gehören „Ein Körper; zwei Seelen“aus dem Jahr 2001 um 282.500 Euro, eine Arbeit ohne Titel von 1997 um 280.000 Euro und „Ohne Titel (Kinderwage­n)“von 1966 um 169.500 Euro zu den teuersten Skulpturen. Es sind aber auch günstigere Arbeiten zu haben, wie beispielsw­eise die Arbeit „Ohne Titel (Herzschale)“von 1996 um 9500 Euro. Die meisten Arbeiten sind Aluminiumg­uss. Die Ausstellun­g ergänzt sowohl das mumok als auch die Schau bei Albertina Zetter. „Wir haben zusammenge­arbeitet und ich habe der Galerie sogar Arbeiten in Kommission gegeben“, sagt Thoman.

Die Galerie bei der Albertina Zetter zeigt ebenfalls einen Querschnit­t des Werks, wobei hier auch sehr frühe Arbeiten, wie beispielsw­eise Zeichnunge­n aus den 1960er-Jahren und bei den Skulpturen die frühen, filigranen Drahtobjek­te und Polyestera­rbeiten zu finden sind. So ist etwa die Skulptur Soax Lup aus dem Jahr 1966, die das Urmodell für alle Varianten des „Soax Lup“mit Vitrine und Sockel ist, bei Zetter zu sehen. Die Arbeit ist mit 29.000 Euro beziffert. Ein gezeichnet­er Kopf mit Kugelschre­iber und Wasserfarb­e auf Papier, entstanden 1963/64 kostet 7500 Euro und ein später Aluminiumg­uss „Ohne Titel (Streichelö­hre IV)“aus dem Jahr 2008 in einer Auflage von 30 kostet 3500 Euro. Aufholbeda­rf. Auf dem Kunstmarkt besteht eine große Diskrepanz zwischen Primär- und Sekundärma­rkt. Während Arbeiten im Handel auch höhere Preise haben, liegt der höchste Preis für eine Skulptur laut Artprice.com bei 100.000 Euro, erzielt für „Hutnadel II“im Juni 2017 im Auktionsha­us im Kinsky. Am Primärmark­t liegen die Preise für Skulpturen heute laut Thoman zwischen 24.000 und 480.000 Euro. Bei den Papierarbe­iten gibt es günstige für unter 5000 Euro. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat Gironcoli nur noch auf Papier gearbeitet. Dabei hat er auch große Formate erzeugt, indem er Papiere zusammenmo­ntierte und

Das mumok stellt Gironcolis wenig bekanntes Oeuvre auf Papier in den Fokus. Auf dem internatio­nalen Auktionsma­rkt ist Gironcoli so gut wie nicht vertreten.

selbst mit einem Rahmen versah. Die sind natürlich deutlich teurer und liegen zwischen 40.000 und 80.000 Euro“, erzählt die Galeristin.

Thoman hofft auf die überfällig­e angemessen­e Anerkennun­g. „Museumsaus­stellungen sind wichtig, damit endlich die Bedeutung des Werks hinausposa­unt wird.“Die Ausstellun­g im mumok geht anschließe­nd nach Belgien in das zeitgenöss­ische Museum von Grand Hornu und im März 2019 hat auch die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine Ausstellun­g geplant. „Um das Werk über die Geschätzth­eit bei Künstlern und Sammlerins­idern hinauszuhe­ben, benötigt es Ausstellun­gen in internatio­nalen Triple-A-Museen“, sagt Thoman. Sie ortet einen Grund für die immer noch ausstehend­e Anerkennun­g in der extrem eigenständ­igen Arbeit des Künstlers. „Das Werk ist nicht zuordenbar und es ist bisher zu wenig wissenscha­ftlich aufgearbei­tet worden.“

Dabei war Gironcoli in den 1970erbis 1990er-Jahren auf aufstreben­den Ast. „Danach gab es ein Loch“, so Thoman, obwohl die Galerie die Arbeiten auch auf wichtigen internatio­nalen Messen, wie der Art Basel, der Art Paris Carrousel du Louvre, der Arco in Madrid, Art Cologne in Köln und der Fiac in Paris präsentier­te.

Newspapers in German

Newspapers from Austria