Michael Ludwig
Der bislang eher unauffällige rote Realo ist nun der neue starke Mann. Wie Doris Bures hat sich auch Michael Ludwig vom Linken zum Realo gewandelt. Wobei er im klassischen Anspruch, Vertreter der Arbeiter, des kleinen Mannes zu sein, also sozialpolitisch, weiterhin links ist. Nur in der für die SPÖ besonders heiklen Frage des Umgangs mit (zu viel) Zuwanderung ist er nach rechts gerückt. Der an sich schon sehr umgängliche Ludwig hat daher auch wenig Berührungsängste mit Politikern rechts der Mitte. Sein Verhältnis zur FPÖ ist wesentlich entspannter als das anderer Genossen.
Der Wiener Bürgermeister ist gemäß dem ungeschriebenen Gesetz der SPÖ der mächtigste Mann in der Partei – vor allem, wenn diese nicht einmal mehr den Kanzler stellt. Ludwigs pragmatische Linie wird also auch in der gesamten Partei nicht ohne Wirkung bleiben. Christian Kern wird sich mit Ludwig arrangieren, und Ludwig wird sich mit Kern arrangieren. Beide sind vernunftbegabte Wesen, die im Zweifel Realpolitik vor Ideologie stellen und sich auch nicht allzu sehr von (persönlichen) Gefühlen leiten lassen. Ludwig war sicher nicht der Kandidat der Löwelstraße. Das war Andreas Schieder. Und wirklich begeistert sah der SPÖChef auch nicht aus, als er Ludwig auf dem Wiener Landesparteitag zum Sieg gratulierte. Künftig gilt aber das Motto: Leben und leben lassen. Denn Kern hat in der Partei jetzt eigentlich nur noch zwei einflussreiche Linke um sich – Peter Kaiser und FSG-Chef Wolfgang Katzian. Sonst sieht er sich einer machtbewussten „rechten“Phalanx von Wien bis Eisenstadt gegenüber.