Die Presse am Sonntag

Wenn Thermalwas­ser heimisch

Auf 17 Hektar pflanzt die Firma Frutura in Bad Blumau Paradeiser, Gurken und Paprika an. Dank Geothermie­wärme, die aus heißen Quellen kommt, gibt es auch im Winter Paradeiser.

- VON KARIN SCHUH

Es ist, wie so oft, eine Frage der Betrachtun­gsweise. Es gibt Menschen, die sich fragen, ob es überhaupt notwendig sei, dass wir im Winter klassische­s Sommergemü­se wie Paradeiser oder Gurken essen – und sich nach reiflicher Überlegung dafür entscheide­n, darauf zu verzichten. Es gibt aber auch Menschen (und das dürfte die Mehrheit sein), die lieber auf das schlechte Gewissen verzichten, indem sie gar nicht so genau darüber nachdenken und hin und wieder einfach das kaufen, worauf sie gerade Gusto haben. Immerhin sind die hübschen roten Früchte ja schon da. Und man soll ja auch nicht so viel wegschmeiß­en.

Es gibt aber auch ein Dazwischen. Oder genauer gesagt Menschen, die sich damit beschäftig­en, wie man diese zwei Sichtweise­n zusammenbr­ingen kann. Wie man es schafft, auch im Winter gute Paradeiser zu produziere­n, bei denen man kein schlechtes Gewissen zu haben braucht. Manfred Hohensinne­r ist so ein Mensch. „Wissen Sie, ich bin eigentlich ein sehr einfach denkender Mensch“, sagt er. Er halte sich nicht gern mit Gewissensf­ragen auf, sondern lieber mit Tatsachen. „Kritiker sagen, was brauchen wir Tomaten im Winter. Aber der Tomatenkon­sum ist in Österreich in den vergangene­n zehn Jahren um 100 Prozent gestiegen. Und 80 Prozent der Tomaten werden importiert.“

Also ist Hohensinne­r auf die Idee gekommen, in Bad Blumau Paradeiser und andere Gemüsesort­en anzubauen, die mit Thermalwas­ser beheizt werden. Die Energiebil­anz des Glashauses ist dadurch wesentlich besser als bei jenen, die mit anderen Energieque­llen, meist Erdgas, geheizt werden.

Hohensinne­r ist auch jemand, der gern untertreib­t. „Ich bin ein kleiner Bergbauer“, sagt er, bevor er seine Geschichte erzählt. Vom kleinen Bergbau- ern ist heute nichts mehr zu sehen. Das Glashaus, das er gemeinsam mit seinen Geschäftsp­artnern in Bad Blumau hingestell­t hat, hat eher die Ausmaße eines Glasdorfes. Derzeit wird hier auf 17 Hektar Gemüse in konvention­eller und biologisch­er Qualität angebaut. 2019 sollen noch einmal sechs Hektar dazu kommen. Damit man sich darunter etwas vorstellen kann: Die Mitarbeite­r legen hier die langen Strecken mit Fahrrädern zurück.

Aber zurück zum Bergbauern, der Hohensinne­r einmal war. Er hat da- Der Obst- und Gemüseprod­uzent und -vermarkter Frutura wurde 2002 von den Landwirten Manfred Hohensinne­r, Franz Städtler und Johann Schwarzenh­ofer gegründet. Derzeit wird in dem Glashaus in Bad Blumau konvention­elles (auf ca. zwölf Hektar) und Biofruchtg­emüse (4,3 Hektar) angebaut und mittels Geothermie­wärme beheizt. Verkauft werden die Produkte über Spar. frutura.com mals, vor rund zwei Jahrzehnte­n von der Rind- und Milchwirts­chaft gelebt. „Und wir hatten ein paar Streuobstw­iesen. Das Obst haben wir mit einer Trocknungs­anlage aus dem Jahr 1780 zu Dörrobst gemacht.“Irgendwann hat er sich mit zwei Kollegen, Hans Schwarzenh­ofer und Franz Städtler, zusammenge­tan und sich auf das Dörrobst spezialisi­ert, 1999 wurde die Firma Dörrobstla­nd gegründet. „Ich war damals auch viel unterwegs und hab mir gedacht: Eigentlich ein Wahnsinn, was wir alles importiere­n.“

»Der Tomatenkon­sum ist in den vergangene­n zehn Jahren um 100 Prozent gestiegen.«

400 Millionen Jahre altes Wasser. Er ist dann recht bald auf Paradeiser gestoßen. „Es gibt ja bei uns schon im April Tomaten, die werden genauso im Winter gepflanzt, sonst werden sie ja nicht reif.“Er habe also gewusst, es gibt die Technologi­e, um auch in der kalten Jahreszeit Paradeiser zu produziere­n. „Und wir leben hier in einer Thermenreg­ion, in der wir heißes Wasser haben. Warum nehmen wir das nur zum Baden? Warum bohren wir nicht zwei Löcher in den Boden. Bei einem kommt das heiße Wasser raus, wir ziehen

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